Bloomsday

STICH-WORT

14/06/19 Nach Leopold Bloom benannt, der Hauptfigur aus Ulysses - dem Hauptroman des irischen Schriftstellers James Joyce - wird am 16. Juni vielerorts jährlich der Bloomsday gefeiert. Der erste offizielle Bloomsday fand 1954 statt, als eine kleine Gruppe von Schriftstellern auf den Spuren Blooms durch Dublin wanderte und Auszüge aus Ulysses las.

Von Clemens Kainz

James Joyce sagte einmal, er wolle Dublin in seinem Roman Ulysses so vollständig beschreiben, dass die Stadt, sollte sie je vom Erdboden verschwinden, anhand seines Buches wieder nachgebaut werden könne. Auch wenn das vielleicht ein wenig übertrieben ist, hat es doch etwas Wahres an sich, als die Beschreibungen Dublins - detailgetreu und präzise - eine in Büchern kaum dagewesene Authentizität widerspiegeln.
Der Roman Ulysses von James Joyce ist wohl einer der berühmtesten ungelesenen Romane der Literaturgeschichte. Berühmt, weil bahnbrechend, und vielfach ungelesen, da er durch die eigenwillige Erzählweise selbst für erklärte Leseratten eine Herausforderung darstellt. Joyce ließ sich von Homers Odyssee inspirieren und transferierte die mythischen Irrfahrten in ironischer Art und Weise auf den bürgerlichen Alltag Dublins. Der Annoncenakquisitor Leopold Bloom wird am 16. Juni 1904 auf seinem Spaziergang durch die Stadt Dublin begleitet. Der Leser erlebt in 18 Episoden, die jeweils einem homerischen Ereignis zugeordnet werden können, einen einzigen Tag von 18 Stunden. Die Wahl des Datums hat autobiographischen Hintergrund. Der 16. Juni 1904 war der Tag, an dem James Joyce die erste Verabredung mit seiner späteren Frau Nora Barnacle hatte.

Was Ulysses so besonders macht, ist die perfektionierte und konsequent verwendete Erzählform des Bewusstseinsstroms (stream of consciousness). Dabei wird das Innenleben der Protagonisten geschildert, mit all seinen Eindrücken, Gedanken, Empfindungen und Erinnerungen. Eine Darstellung, der zuliebe Joyce syntaktische Strukturen vernachlässigte und Interpunktion oftmals aussparte, aber Wortspielereien und Neuschöpfungen pflegte und das Werk mit einer Fülle an Anspielungen und Hinweisen spickte, die bis heute noch kontrovers diskutiert werden. „Ich habe so viele Rätsel und Geheimnisse hineingesteckt, dass es die Professoren Jahrhunderte lang in Streit darüber halten wird, was ich wohl gemeint habe, und nur so sichert man sich seine Unsterblichkeit.“

Zur damaligen Zeit wurde Ulysses von Kritikern hochgelobt, doch auch wegen der zotigen Ausdrucksweise, die für jene Verhältnisse als pornographisch erachtet wurden, kritisiert. Diesem Umstand ist es auch geschuldet, dass der Roman bei der Veröffentlichung 1922 um einige obszöne Passagen erleichtert wurde.
Heute gilt der 16. Juni als wichtigster Tag der Literaturgeschichte. Auch wenn es kein gesetzlicher Feiertag ist, wird der Bloomsday in Dublin dem St. Patrick’s Day ebenbürtig angesehen und ist der weltweit einzige Feiertag, der einem Roman gewidmet ist. Am Bloomsday kann man im Rahmen festlicher Aktivitäten auf Leopold Blooms Spuren Dublin erkunden, Experten diskutierten Ulysses, Prominente lesen Ausschnitte daraus, Fans tragen Kostüme, es wird gegessen und getrunken, spaziert und musiziert.

In Salzburg werden am Bloomsday – also am Sonntag 16. Juni – um 11.30 im Solitär in einer gemeinsamen Veranstaltung von Universität Mozarteum und Literaturhaus sechs neue Vokalwerke uraufgeführt, die in enger Zusammenarbeit zwischen Komponisten und Schriftstellern entstanden sind, wobei die Dichterinnen und Dichter auf den Spuren von James Joyce wandelten - www.uni-mozarteum.at - das Programmheft zum Download 
Bild: dpk-klaba