Die Außerirdischen und die Realität

STEFAN ZWEIG POETIK VORLESUNG / RABINOVICI

17/05/18 Grün und Antennen als Frisur – diese Vorstellung herrscht auf Erden über Wesen aus dem All. In Doron Rabinovicis Buch „Die Außerirdischen“ ist dem nicht so… Im Rahmen der zehnten Salzburger Stefan Zweig Poetikvorlesung las Doron Rabinovici aus seinem Roman.

Paula L. Trautmann

„Der einzige Außerirdische, dem ich heute begegnet bin, bist du“, sagt Astrid zu ihrem Mann Sol. Im Gegensatz zu ihm schenkt sie der Meldung, dass außerirdische Wesen auf der Welt gelandet seien, keinen Glauben. Sol, der Mitbegründer eines Online-Magazins, soll allerdings Recht behalten mit seinem Vertrauen in die Nachricht.

Panik bricht aus, Plünderungen finden statt und die Systeme fallen zusammen. Es beginnt eine Katastrophe. Die fremden Wesen versprechen den Menschen zwar ein Leben ohne Kriege und Krankheiten, allerdings für einen hohen Preis: Menschenopfer auf freiwilliger Basis.

Als zehnter Dozent der Salzburger Stefan Zweig Poetikvorlesung spricht Doron Rabinovici beispielsweise über die Adaption von Sprache und das Festhalten der Vergangenheit. Am Mittwoch (16.5.) standen Lesung und Gespräch in der Edmudsburg auf dem Programm. Veranstaltet wird die Salzburger Stefan Zweig Poetikvorlesung seit zehn Jahren von Fachbereich Germanistik, dem Stefan Zweig Centre und dem Literaturforum Leselampe.

Zurück zu den Aliens. Die Katastrophe hat sich beruhigt, Straftaten werden eingestanden und Friedensdemonstrationen gegen einen Krieg, der nie stattgefunden hat, werden organisiert. Rabinovicis Politik- und Mediensatire ist herrlich humoristisch: Da ist etwa Sols Nachbar mit dem Baseballschläger, der sich auf einmal gegen Gewalt stellt und einen Button mit der Aufschrift „Frieden schaffen ohne Waffen“ trägt. Da sind die Popstars, die sich zusammentun und das Lied „We are all Aliens“ kreieren, bei dem in der Zeile „Aliens were once children too“ alle in Tränen ausbrechen. Aus aktuellen Medien könnte das „stichhaltige Gerücht“ stammen, die Außerirdischen seien eine Tanzgruppe gewesen: So wird es wegen ihres menschlichen und athletischen Aussehens im Netz verbreitet.

Rabinovici trägt Szenen wie diese mit ruhiger Stimme und flottem Sprechtempo vor und entlockt dem ganzen Saal ein Lachen. Das Buch „Die Außerirdischen“ist nicht nur humorvoll, es ist zugleich ernst und weist verstörende Parallelen zur realen Welt auf.

Zur Zerbröselung moralischer „Verabredungen“ befragt ORF-Redakteurin Katja Gasser in der Edmundsburg den Autor. „Ich glaube, dass unsere Gesellschaft, so auf eine solche Nachricht reagieren würde“, erklärt Doron Rabinovici. Die Gesellschaft verändere sich und Menschen, die vor ein paar Jahren als unerträglich abgetan worden wären, werden nun akzeptiert, heißt es weiter. „Das ist kein lokales Phänomen, sondern ein globales.“ In Hinblick auf die gesellschaftspolitische Relevanz der Medien sagt der Autor zudem, dass die Art des Umgangs mit Themen eine Rolle spiele und Widerstand nötig sei. „Es handelt sich um eine autoritäre Krise der liberalen Demokratie.

Während die Veranstaltung humorvoll mit Außerirdischen beginnt, die weder grün sind, noch Antennen tragen, wird dem Besucher nach und nach bewusst, wie ernst Buch und Lage sind.

 „Salzburger Stefan Zweig Poetikvorlesung“ bis Freitag (18.5.) - alle Veranstaltungen und Termine - www.leselampe-salz.at - www.uni-salzburg.at
Zum dpk-Vorbericht über die Stefan Zweig Poetikvorlesung 
Nicht den Schmerz lindern, doch den Schrei lösen
Bild: Leselalmpe / Lukas Beck