„Leben ist keine Art, mit einem Tier umzugehen“
LITERATURFEST SALZBURG
19/04/17 Wie die Zeit vergeht! Schon längst muss Jochen Jung nicht mehr betonen, dass das Literaturfest „auch nächstes Jahr“ wieder stattfinden wird: Das Literaturfest Salzburg ist in seinem zehnten Jahr ein so unverwechsel- wie unverzichtbarer Termin im Salzburger Kulturfrühling. „Schöne Aussichten“ lautet das Motto des Jubiläumsfests von 17. bis 21. Mai.
Von Heidemarie Klabacher
„Erzählen und zuhören, gibt es einen freundlicheren, unterhaltsameren und klügeren Umgang miteinander? Kaum. Erzählen und zuhören war daher auch immer Motto und Praxis des Literaturfestes, das seit nunmehr zehn Jahren die Literaturfreunde Salzburgs zusammenbringt, sobald der liebe Mai gekommen ist“, so die Gründer, Leiter des Literaturfests Christa Gürtler, Jochen Jung und Klaus Seufer-Wasserthal heute Mittwoch (19.4.) bei der Programmpräsentation zum Jubiläumsfestival.
„Literatur erzählt vom Leben. Von dem, was hinter uns liegt, uns aber nicht loslässt, von dem, was wir gerade um uns herum und in uns drin wahrnehmen und von dem, was vor uns liegt.“ Gerade Letzteres könne Angst machen, aber auch Hoffnung wecken. „Und manchmal macht es auch einfach Spaß, sich eine Zukunft auszudenken, wobei man der Phantasie freien Lauf lassen kann und Dinge gelingen, die tatsächlich phantastisch sind.“ Da könne es sich um technische Errungenschaften handeln, „als Erlösung von allem Übel und Aufnahme in ein Reich der Seligkeit“. Weniger schön, aber aufregend: „Wenn aus dem Giraffenbaby ein Tyrannosaurus Rex wird…“
Literatur kennt keine Grenzen. „Von all dem erzählt die Literatur, die sich in ihrer Unbegrenztheit barrierefrei in jede Richtung bewegen kann, solange sie ihre sprachlichen Mittel im Griff hat“, so der Autor, Verleger und Literaturfest-Mitbegründer Jochen Jung. „Wenn das gelingt, eröffnen sich tatsächlich die schönsten Aussichten und wir verspüren ein Glücksgefühl, beim Lesen ebenso wie beim Vorlesen.“ Ein Sinn literarischer Schönheit sei denn auch, „uns auf die Möglichkeit des Gelingens im Leben aufmerksam zu machen“.
Die Aufmerksamkeit und das Bewusstsein für die vielfältigen Möglichkeiten der Literatur wieder einmal zu schärfen und zu vertiefen: Dazu laden Jochen Jung, Christa Gürtler, die Gründer und Leiter des Literaturfestes zum zehnten Mal ein.
Eröffnet wird das Literaturfest am 17. Mai wieder mit einem bunten Programm in der Großen Universitätsaula zusammen mit der Satirikerin und Erzählerin Kirsten Fuchs, der Autorin Sabine Gruber mit ihrem großen Roman „Daldossi oder Das Leben des Augenblicks“, mit dem Schweizer Dramatiker und Spoken-Word-Poeten Guy Krneta und dem einzigartigen Franz Schuh.
Ein besonderer Termin innerhalb des reichen Programmangebot ist die Uraufführung bislang unveröffentlichter Textfragmente des verstorbenen Sprachkünstlers Gert Jonke am zweiten Abend des Literaturfestes, dem 18. Mai, im JazzIt.
Eine satirische Liebesgeschichte erzählt Emma Braslavsky in ihrem Roman „Leben ist keine Art, mit einem Tier umzugehen“. Sie zeichnet eine überdrehte Vision notorischer Lebensoptimierer und des Kampfs um eine bessere Welt. „Joshua Groß entwirft in seinen Romanen eine leicht verschobene Parallelwelt, die eine erfrischende Verschmelzung von Pop- und Hochkultur widerspiegelt“, so die Veranstalter über das Programm des dritten Abends, der auch eine spacige Facettte aufweist: „Als Teil des Perry Rhodan Autorenteams bereichert Kai Hirdt zunächst das Programm und diskutiert dann unter der Moderation von Günter Kaindlstorfer mit den Kolleginnen und Kollegen das Thema „Schöne Aussichten“.
Der gebürtige Salzburger und Büchner-Preisträger Walter Kappacher wird am Samstag des Literaturfestes im Republic unveröffentlichte Texte lesen „und die Zuhörer mit seiner fein komponierten Prosa in den Bann ziehen“. Von ihm stammen in diesem Jubiläumsjahr auch die Schaufensterzitate in den Geschäften der Stadt Salzburg. Niemand geringerer als Bruno Ganz wird danach eine Auswahl aus dem Band „Liebesgeschichten“ von Robert Walser lesen.
Das ebenso reiche Mittags- und Nachmittagsprogramm bringt Begegnungen mit Debütantinnen und Debütanten, Salzburgerinnen und Salzburgern. Etwa mit Markus Binder, Alina Herbing und Lusie Maier oder mit Dominika Meindl, René Bauer und Klaus Buttinger als „Original Linzer Worte“, sowie mit Elfriede Kern und ihrem Roman „Das Nesselhemd“, Cordula Simon und ihrem Roman „Wie man schlafen soll“ und Noëlle Revaz mit ihrem Roman „L’Infini livre“ („Das unendliche Buch“). Weiters zu Gast sind Elke Laznia und Birgit Müller-Wieland.
Die Schaufenstertexte – also das, was vom Literaturfest jeweils das ganze folgende Jahr sichtbar vor Augen bleibt – stammen heuer also von Walter Kappacher. Damit haben als bislang „die Texte von zehn Salzburger Autorinnen und Autoren die Schaufenster der Stadt geschmückt“, so die Veranstalter. „Die Performerin Dorit Ehlers lädt sich diese als fiktive Gäste zu einer erlesenen Runde in die Sketch-Bar des Hotel Bristol ein und hebt im Rahmen dieser Text-Performance das Glas auf zehn Jahre Literaturfest in Salzburg.“