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Prost, Mahlzeit, und gute Nacht

BUCHBESPRECHUNG / WIRTSHÄUSER

20/08/14 Ist wirklich das „gasthus“ im Stift St. Peter das älteste in der Stadt? Der gelehrte Angelsachse Alkuin, Leiter der Hofschule Karls des Großen, preist in einem Gedicht einen „caupo“, also einen Gastwirt in St. Peter. Das sei 803 gewesen. Kleiner Schönheitsfehler: Der Herr Alkuin war gar nie selbst in Salzburg.

Von Reinhard Kriechbaum

Und mit den Kloster-Wirtschaften ist es ohnedies so eine Sache: Klöster waren quasi von Natur aus die ersten „Wirtshäuser“ im christlichen Abendland, waren sie doch zur Gastfreundschaft verpflichtet – Gastronomie und Hotellerie im Namen Christi, nachzulesen in der Benediktusregel. Aber ohne Gewerbeschein. Unter „gasthus“ – ein solches ist für St. Peter im ausgehenden 12. Jahrhundert genannt – hat man damals eher eine Fürsorgeeinrichtung, also eine Armenspeisung verstanden.

Legt man also etwas strengere Maßstäbe an die Definition von „Wirtshaus“, dann zerfließen die Jahreszahlen unter den gestrengen Blicken der Historiker und man muss ehrlicherweise sagen: Nichts Genaues weiß man nicht. Wenn aber zwei Historiker –Gerhard Ammerer, Harald Waizbauer – mit guter Quellenkenntnis und gründlichem Forschergeist rangehen, Salzburgs Wirtshausgeschichte zu erkunden, dann kommt trotzdem ein ansehnlich großes, dickes, schweres und vor allem mit Lust zu lesendes Buch heraus. Da kann man dann erfahren, dass bis ins 16. Jahrhundert hinein sowieso jeder Salzburger Bürger das Recht hatte, in seinem Keller Wein, Bier oder Met auszuschenken. Zu einem solchen bürgerlichen Weinkeller gehörte der „Sitz“, der Schankraum.

Klöster durften das sowieso auch, zählte die Ausschank doch zu ihren alterworbenen Rechten. Und so kommt erst recht wieder St. Peter ins Spiel, mit seinen Weingütern in Krems und Arnsdorf in der Wachau hatte (der Ort heißt so nach dem frühen Salzburger Erzbischof). Da hieß es also vermutlich in jedem Jahr von November bis April: „Ausg’steckt is…“

Viel konkrete Wirtshausgeschichte kann man in dem liebevoll bebilderten Buch nachlesen, von den Anfängen bis in die Gegenwart. In der Getreidegasse wurde aus dem traditionsreichen „Mödlhammer“ ein McDonalds, in der Linzergasse dafür aus dem „Alten Fuchs“, der in den achtziger Jahren noch ein chinesisches Restaurant war, ein Lokal mit regionaltypischem Angebot. Wirtshauskarrieren können einknicken und in anderen Locations gelingt es neuen Betreibern, sich quasi am eigenen Schopf aus dem unkulinarischen Sumpf zu ziehen.

Deswegen ist die gastronomische Entwicklung der letzten fünfzig Jahre gar nicht weniger spannend zu lesen als die Berichte aus jener Epoche, da sich die Berufsfelder erst herausbildeten: Es gab im Mittelalter „Mansionarii“, die Schlafplätze anboten. Weil ihre Gäste, Händler vorwiegend, ihre Ware ja auch über Nacht unterstellen mussten, wurden die Mansionarii auch zu Maklern. Ab dem 12. Jahrhundert kennt man hierorts einige mit Namen.

Zu essen gab’s beim Mansuarius aber nichts. Verpflegen mussten sich die Besucher der Stadt schon in Tavernen und auf dem Markt, in Privathäusern und Klosterkellern. Im Lauf der Zeit unterschied man zwischen Gastgebern und Leitgebern. Erstere waren für die Nachtquartiere zuständig, bei den Leitgebern gab es Speis und Trank.

So nebenbei: Weil die Klöster ihren Wein als Eigenproduzenten preisgünstiger anbieten konnten als die Bürger und die professionellen Wirte, gab es bald Streit. Obendrein begann die fürsterzbischöfliche Obrigkeit bald mitzuschneiden in Form von Alkoholsteuer.

„Alkoholfreie Gaststätten“ gab es in der Zwischenkriegszeit neben Mozarts Geburtshaus und in der Rainerstraße. Damals konnte man sogar in ein koscheres Restaurant gehen, von 1912 bis 1938. Es blieb bis heute das einzige am Ort. Sein Betreiber endete im KZ.

Die beiden Autoren konnten auf vielen wissenschaftlichen Arbeiten und Publikationen aufbauen, das alles ist hier leserfreundlich zusammengeführt. Dass man von der Kaffeehausgeschichte genau so erfährt wie von der ansehnlichen Bier-Kultur, ist völlig klar. Die Ergebnisse eines der urigsten archäologischen Projekte sind natürlich auch hier nachzulesen: Als man die Altstadt-Universität im Toskanatrakt einrichtete, waren auch die Ausgräber am Werk, und sie entdeckten die Senkgrube des ehemaligen Wirtshauses zum Schinagl. Seit die Archäologen mit Kollegen von der Zoologie die Knochenreste dort bestimmt und durchgezählt haben, kann man sich die Speisekarte gut zusammenreimen.

Gerhard Ammerer, Harald Waitzbauer: Wirtshäuser. Eine Kulturgeschichte der Salzburger Gaststätten. Verlag Anton Pustet, Salzburg 2014. 224 Seiten, 35 Euro – www.pustet.at

 

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