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Flimm. In Listen, Wort und Bild

BUCHBESPRECHUNG / JÜRGEN FLIMM / DAS SALZBURGER KAPITEL

20/08/10 Von wegen vier Jahre „Ära“ (oder „Nicht-Ära“) Flimm! Von 1987 bis 2010 dauert das „Salzburger Kapitel“ des Theatermachers. Aufgerollt und akribisch dokumentiert werden diese 23 Jahre im Interview mit Andres Müry, ergänzt um Szenenfotos, Spielpläne und Besetzungslisten.

Von Heidemarie Klabacher

alt„Bei ‚Al gran sole’, ‚Dionysos’ und Jan Fabres ‚Requiem’ hab ich mich durchgesetzt, aber bei manchen andern schönen Projekten hab ich resigniert, zum Beispiel beim Plan, den ‚Lear’ von Aribert Reimann zu machen.“

Ein großes musikalisches Werk mit Lou Reed und Laurie Anderson, eine neuerliche Begegnung mit John Neumeier aber auch eine Oper von Tom Waits und Robert Wilson scheinen Salzburg entgangen zu sein. „Wegen des schnöden Budgets.“

Kritisch sieht der Intendant die Salzburger Spielstätten: „Der Festspielbezirk ist zwar sicher etwas vom Schönsten in Salzburg. … Allerdings, die beiden Häuser sind keine gelungenen Theaterräume. Beide haben die starre simple Kinoperspektive, beide sind konstruiert, um möglichst viele Zuschauer unterzubringen.“ 

Für die Produktion der Oper „Al gran sole“ von Luigi Nono wird Jürgen Flimm, der 1978 in Frankfurt auch die deutsche Erstaufführung herausgebracht hatte, von allen rückhaltlos gelobt. „Die Unterstützung für das außergewöhnliche Projekt war ziemlich dünn, auf allen Etagen.“ Ähnlich sei es ihm heuer mit der Uraufführung von Wolfgang Rihms Oper „Dionysos“ gegangen: „Schon merkwürdig, diese Furcht vor dem Neuen.“

altDem vorzeitigen Abgang Flimms aus Salzburg gilt im Interview mit Andres Müry (der in der Intendanz Flimm 1980 Dramaturg am Schauspiel Köln war) wohl eine akribische "Gegendarstellung", aber keine "Abrechung": "Schaden war halt im Wahlkampf."

Aus den ersten Seiten von Flimms „Salzburger Kapitels“: 1987 „Bauer als Millionär“, 1989 „Das Mädel aus der Vorstadt“,  1991 „Der Schwierige“, 1993 „Poppea“: „Jetzt mach ich Opern in Salazburg, dachte ich, immer mit Nikolaus.“ Dem war aber in der Ära Mortier dann doch nicht so: Einiges, darunter ein Figaro, sei nicht mehr zustande gekommen.

„Das einzige, was noch kam, war das Angebot, einen neuen Jedermann zu inszenieren.“ Das überrascht nun tatsächlich. „Meine Idee war, die Zuschauer auf eine mobile Tribüne zu setzen und diese um die Mariensäule in der Mitte des Domplatzes herumzudrehen, um am Ende, wenn es sozusagen klerikal wird, vor dem Dom anzukommen.“ Auf sein Konzept hin habe Peter Stein „sinngemäß zurück geschrieben“: "'Wenn das ginge, was du da vorschlägst, dann hätte ich es selber gemacht.' Und da war’s vorbei.“

Jürgen Flimm: Das Salzburger Kapitel. Mit einem Interview von Andres Müry und Fotos von Clärchen, Hermann und Matthias Baus. Müry Salzmann Verlag, Salzburg, 2010. 111 Seiten, 25 Euro.
Bilder: Müry Salzmann Verlag

 

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