asdf
 

Nachdenklich, selbstironisch

BUCHBESPRECHUNG / JÜRGEN FLIMM / DIE GESTÜRZTE PYRAMIDE

09/07/10 Man hört ihn beim Lesen dieser Sammlung von Aufsätzen und Ansprachen reden. Jürgen Flimm ist bekannt dafür, dass er amüsant und flapsig formulieren kann.

Von Werner Thuswaldner

Das ist aber nicht die ganze Charakterisierung. Denn Jürgen Flimm kann sich auf ein Thema durchaus ernsthaft und hartnäckig einlassen. Die meisten Texte in diesem Sammelband sind schon vor etlicher Zeit irgendwo veröffentlicht worden. Aber es ist auch Neues dabei. Darunter ein Dramulett („Die gestürzte Pyramide“), das von den Ängsten und Zweifeln berichtet, die ein Regisseur am Premierenabend erlebt. Ja, ja, der Erfolg und das Scheitern liegen oft nah beieinander.

Flimm stammt aus Gießen in Hessen, ist aber in Köln aufgewachsen. Eine „rheinische Frohnatur“ wird er oft genannt. Das trifft wohl nur zum Teil auf ihn zu. Die Nachkriegsjahre mit ihren Entbehrungen haben ihn geprägt. Die Erinnerungen daran gehören zum Besten dieser Sammlung, weil sie am konkreten Beispiel das Besondere dieser Zeit wiedergeben, die für die Jungen von heute so weit weg ist wie das Mittelalter.

alt Natürlich kann in manchen dieser Aufsätze nachgelesen werden, wie sich einer in ein Theaterstück verbeisst, welche Widerstände zu überwinden sind, welche Abgründe umgangen werden müssen und welche Glücksmomente beim Ansteuern des Ziels erlebt werden können. Fotos, Faksimiles von Notaten und Zeichnungen sind Belege dafür, wie einer darum ringt, einen Text in Anschaulichkeit zu überführen. Um billige Selbstberühmung geht es nicht, wenn auch recht deutlich wird, dass sich Flimm in der Reihe jener wichtigen Regisseure sieht, die das Bühnenleben von den siebziger Jahren an entscheidend geprägt haben. Er weiß aber auch, wie fragil alles ist und dass die Faszination, die vom Theater ausgeht, nicht für alle Ewigkeit garantiert ist. Die wichtigtuerische Konkurrenz wächst.

Ein wenig Privates gibt er auch preis. Flimm war einer von jenen Deutschen, die geglaubt haben, das wahre Glück werde einem erfolgreichen Menschen erst in der Toscana zuteil. Dort einen Stützpunkt zu haben sei unerlässlich. Darüber berichtet er nicht ohne Selbstironie.

Viele Jahre und in verschiedenen Funktionen - zuletzt als Intendant - hat Flimm für die Salzburger Festspiele gearbeitet. Über die speziellen Erfahrungen, die er hier gemacht hat, wird er in einem eigenen Buch berichten, das heuer im August ebenfalls im Verlag Müry Salzmann herauskommt.

Jürgen Flimm: „Die gestürzte Pyramide“. Brosch., 71 Seiten, Fotos, Zeichnungen. Verlag Müry Salzmann, Salzburg 2010 - www.muerysalzmann.at
Bild: www.muerysalzmann.at

 

DrehPunktKultur - Die Salzburger Kulturzeitung im Internet ©2014