Zu den aktuellen Diskussionen um Tobi Reiser

21/03/13 Es ist allgemein bekannt (wenngleich von nicht wenigen Vertretern der Volkskultur verdrängt oder gar geleugnet), daß Tobi Reiser Sr. ein Naheverhältnis zur NS-Ideologie pflegte; daß er die Brauchtumspflege ganz in diesem Sinn verstand, nämlich als “deutsch”, wenn nicht gar als antisemitisch; daß seine Karriere ohne die NS-Strickleitern einen anderen Verlauf genommen hätte; daß er, wenn er schon nicht Mitglied der Juli-Putschisten war, dies zumindest um der Karriere willen vortäuschte; daß er auch noch Jahre nach 1945 bedenkenlos Kompositionen mit fragwürdigen Titeln herausgab (siehe: “Maxglaner Zigeunermarsch”); usw. usf.
Daß so jemand im Jahre 2013 immer noch sakrosankt ist und mit Zähnen und Klauen verteidigt wird, ist mehr als fragwürdig, ebenso die Argumente, mit denen dies geschieht: die Gründung des “Salzburger Adventsingens” z.B. (einer der verlogensten Veranstaltungen, die ich kenne: auf der Bühne wird zur allgemeinen Rührung das Weihespiel von der Herbergsuche aufgeführt, während man “draußen” ein Bettelverbot einführen will); oder daß Künstlerisches und Politisches zu trennen sei (als ob dies möglich und richtig sei – zumal Reiser die Vermengung von Politik und Volkskunst aktiv betrieben hat); oder daß die Stiftung des nach ihm benannten Preises unter historischen Gegebenheiten geschehen sei und auf der Basis eines anderen Wissensstands als heute (was uns heute doch nicht hindern, sondern sogar veranlassen müßte, diesen Preis aufzugeben oder nach einer über jeden Verdacht erhabenen Persönlichkeit zu benennen!).
Solange diese fragwürdige Ikone der Volkskultur besteht und von Vertretern selbiger mit Zähnen und Klauen verteidigt wird, müssen sich diese den Vorwurf gefallen lassen, auf einem Auge blind zu sein.
Christoph Janacs, Autor und Lehrer