Zur Konzertkritik Blitze aus gelassener Hand (11.8.)

19/08/23 Ihrer positiven Kritik kann ich überhaupt nicht folgen: für mich war der Liederabend eine reine Enttäuschung: Matthias Goerne hat in meinen Ohren eine schöne Stimme, aber er singt nicht schön. Das Wahrnehmen einer schönen Stimme ist durchaus sehr individuell und hängt vom persönlichen Geschmack ab. Für das „schöne Singen“ gibt es jedoch Kriterien. Da ist als erstes die Textverständlichkeit zu nennen. Leider konnte man nichts verstehen. Wie Sie richtig feststellten, liegt es an den zu gering artikulierten Konsonanten. Zweitens ist ein Liedinterpret ein Erzähler und kein Vorleser. Ohne Text und Notenblatt ging leider nichts.
Man kann Herrn Goerne zu Gute halten, dass das Programm umgestaltet wurde, allerdings liegt das auch schon mehr als 4 Wochen zurück. Ein Klassiker wie „Der Wanderer“ gehört zum Grundrepertoire eines Sängers und müsste auch mal mit Blick zum Publikum gesungen werden können. Dass dies möglich ist, dazu verweise ich vor allem auf britische und amerikanische Sänger wie Gerald Finley, Ian Bostridge, Thomas Hampson oder die wunderbaren Sängerinnen Cecilia Bartoli, Christiane Karg oder Regula Mühlemann. Haben Sie diese Künstler schon jemals mit einem Notenpult bei einem Liederabend gesehen? Und damit kommen wir zum dritten Punkt: das Klammern an das Pult und Drehen des Pults hatte zur Folge, dass die Körpersprache von Matthias Goerne an die eines Hampelmanns erinnerte. Die Arme gingen mal in die eine oder andere Richtung hoch, der Körper wurde verdreht. Es war peinlich ihm zuzusehen, weshalb wir uns auf das Textheft konzentrierten.
Natürlich kann ich verstehen, dass trotz schlechter Leistung eine öffentliche Kritik dem Künstler auch Respekt zollen sollte, aber sie sollte ehrlich sein. Diesen Schubert-Abend als Sternstunde zu bezeichnen, entspricht einfach nicht der Realität, sondern ganz im Gegenteil: es war ein Tiefpunkt.
Dr. M. Magdalena Vogel