Zum Konzertbericht Voll Schwung und Elan (21.3.)

23/03/18 Ich erlaube mir, zur Rezension von Horst Reischenböck vom 21.3.18 über das Konzert der Academia Filarmónica Iberoamericana Stellung zu nehmen. Diese Besprechung steht diesem außergewöhnlichen Konzert zwar insgesamt positiv gegenüber, das Besondere des Projekts wird meiner Meinung nach aber zu wenig gewürdigt. Da ist nämlich einerseits der soziale Aspekt zu nennen: Bei dem Klangkörper handelt es sich ja um ein Orchester aus einem musikalischen Entwicklungsland, das überwiegend aus Jugendlichen unterer sozialer Schichten besteht. Zu welch herausragenden Ergebnis die Ausbildung durch die kolubinanische AMFED führt, beweist eine erzieherische Kraft klassischer Musik, die in unseren übersättigten Breiten allzuoft vergessen wird.
Zum anderen muss aber auch der künstlerischen Rang dieses Konzert genauer angesprochen werden: Was gemeinsames Fühlen und Gestalten betrifft, übertraf die Leistung der jungen Musiker sämtliche Erwartungen, die an ein Jugendorchester eigentlich gestellt werden dürften. Ein reicher Klang auch im Forte, der nie nur einfach laut, sondern immer auch erfüllt war, ließ aufhorchen. Der hohe Präzisionsgrad im Zusammenspiel ohne taktierenden Dirigenten zeigte, wie intensiv geprobt worden war und wie die Musiker mit den Innenschichten der Werke vertraut waren – ein Musterbeispiel für kammermusikalisch bestimmte Orchesterarbeit. Die unprätentiöse Art und Weise, wie die Musiker sich auf der Bühne zeigten, wirkte bei bei aller Ernsthaftigkeit des musikalischen Tuns zusätzlich zugleich sympathisch, berührend und „am Boden“. Ich war nach dem Konzert so wie viele andere Zuhörer zugleich ergriffen und euphorisiert.
Die Solistin passte in Können und Erscheinung meiner Meinung nach ideal in diesen Rahmen. Gerne hätte ich mehr darüber erfahren, in welcher Beziehung sie nach Ansicht des Rezensenten „in der Atemtechnik nicht ganz sattelfest" gewirkt haben soll. So etwas schreibt sich leicht hin, aber was physiologisch und gesangspraktisch damit gemeint ist, wird mir aus dieser Formulierung nicht deutlich. Ich glaube, dass eine solche Bewertung weder der Sängerin selbst nützt, noch einem Zuhörer bzw. einem im Konzert nicht anwesenden Interessierten einen objektiven Eindruck von der sängerischen Gesamleistung gibt – und das wäre von einem öffentlichen Text doch eigentlich zu fordern.
Dr. Stephan Höllwerth (Musikpädagoge, Chor- und Orchesterleiter, Autor)