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Wo und was ist schon Heimat?

FILMFESTIVAL RADSTADT

03/11/14 Von 18 Filmen acht Salzburg-Premieren und fünf Österreich-Premieren: Auf eine solche Statistik kann nicht so bald ein Filmfestival abseits der Metropolen verweisen. Das Filmfestival Radstadt dauert von 5. bis 8. November.

Die Frage nach dem Begriff „Heimat“ war der Leiterin des Kulturvereins „Das Zentrum“, Elisabeth Schneider, auch heuer wieder ein besonderes Anliegen bei der Programmierung des Filmfestivals Radstadt, das übermorgen Mittwoch (5.11.) beginnt und bis Samstag (8.11.) dauert. „Das Festival ist eines meiner Lieblingskinder“, sagt Elisabeth Schneider – und in Anspielung aufs Thema sagt sie seufzend: „Nach heurigen‘„Bauernherbst-Sommer‘ versuche ich ein paar Antworten auf meine Ratlosigkeit zu finden.“ Zahlreiche Filmschaffende haben wieder ihr Kommen zugesagt.

Magazine, Veranstaltungen, „Events“ präsentieren uns ein „Heimatbild“ das längst nicht mehr der Wirklichkeit entspricht und leichtfertig missbraucht wird. Ist es die Sehnsucht nach einfachen Lösungen, Naivität oder geht es um Umsatzzahlen? Reicht uns gar ein Abbild des Originalen, eine Attrappe, eine Kopie?

Unter den 18 ausgewählten Filmen findet sich unter anderem als Österreich-Premiere außerhalb der Viennale „Macondo“, ein einfühlsam und sensibel gemachter Spielfilm über das Leben eines tschetschenischen Kindes in einer Flüchtlingssiedlung am Stadtrand von Wien. Macondo ist eben nicht nur der Name jenes fiktiven Orts, in dem Gabriel García Márquez seinen Roman „Hundert Jahre Einsamkeit“ angesiedelt hat. Macondo ist eine ungewöhnliche Siedlung am Stadtrand Wiens zwischen Flughafen und Autobahn. Der Name ist natürlich in Anlehnung an das Buch von Márquez gewählt. Flüchtlinge von aktuellen Kriegsschauplätzen aus allen Teilen der Welt treffen auf Bewohner, die hier seit der Ungarnkrise 1956 ihren Heimatort gefunden haben. Derzeit leben Menschen aus über zwanzig Ländern in der Siedlung, darunter noch viele der Erstankömmlinge - Ungarn, Tschechoslowaken, Vietnamesen und Chilenen. Zusätzlich leben nun auch viele Flüchtlinge mit Asylstatus aus Tschetschenien, Somalia, Afghanistan, Kamerun, Iran, Irak, Libanon, Kongo und aus Bolivien hier. Regisseurin Sudabeh Mortezai wurde in Deutschland als Kind iranischer Eltern geboren und hat den nötigen differenzierten Blick aufs Fremd-Sein in einem sehr speziellen Milieu.

Auf Festivals mehrfach preisgekrönt ist „Zum Beispiel Surberg“ worden, von dem Schweizer Regisseur Simon Baumann. Er ist selbst in Surberg aufgewachsen und es ist ihm ein Beispiel für Zersiedelung, soziale Vereinsamung, das Überhandnehmen von Besitzstandswahrung und das schleichende Abhandenkommen eines Gemeinschaftssinns, der Generationen von Schweizern geprägt hat, dann aber plötzlich nicht mehr da ist.

Im Dokumentarfilm „Double Happiness“ von Ella Raidel kann man hingegen sehen, wie glücklich man in China mit einer Kopie von Hallstatt ist. Ulli Gladik präsentiert in „Global Shopping Village“ das uneingeschränkte Einkaufsglück und deren Auswirkung auf Raumordnung sowie Dorf- und Stadtentwicklung. Sebastian Brameshuber porträtiert in seinem Dokumentarfilm „Und in der Mitte da sind wir“ drei Jugendliche aus Ebensee im Schatten der KZ-Gedenkstelle.

Weitere berührende Filmereignisse bringen die Salzburg-Premieren-Dokus „Wir können nicht den hellen Himmel träumen“ von Carmen Tartarotti, die Lebensgeschichte der beiden unbeugsamen Klosterschwertern von Kloster Maria Steinach/Südtirol, und Peter Liechtis Vermächtnis an seine Eltern „Vaters Garten – die Liebe meiner Eltern“.

Das Filmfestival bietet, neben der Möglichkeit Filme in Originalversionen zu sehen, die üblicherweise nur in großen Städten gezeigt werden, Raum für Diskussionen. Deshalb gibt es im Anschluss an die Projektionen Publikumsgespräche. (Das Zentrum/dpk-krie)

13. Filmfestival Radstadt. 5. bis 8. November – www.daszentrum.at
Bilder: www.daszentrum.at

 

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