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Alle Wege führen nach Rauris

RAURSIER LITERATURTAGE / REPORTAGE

04/04/2013 „Ich habe mir den Text gebaut, den ich zu dieser Zeit auch gerne gelesen hätte.“ „Ich muss das, was ich geschrieben habe, vergessen.“ Zwei Autoren, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten: Matthias Senkel, der diesjährige Literaturpreisträger, und Walter Kappacher sprechen bei den 43. Rauriser Literaturtagen mit Studierenden über ihr Schreiben.

Von Katharina Ruck und Irina Lager

488Nach einigen steilen Serpentinen ist man am Ziel: im fast 1000 Meter hoch gelegenen, lieblichen Ort Rauris. Inmitten der Pinzgauer Berge wird in den nächsten Tagen fiktiven und wahren Lebensläufen nachgegangen – dem diesjährigen sehr spannenden Motto „Lebens.Wege“ entsprechend. Die Lesungen und Diskussionen finden wie jedes Jahr in Wirtshäusern, Bauerstuben und in Hotels statt.

Nach zahlreichen Willkommensgrüßen und Dankesreden wurde am Mittwoch (3.4.) Renate Silberers – als „unglaublich poetisch und bilderreich“ gelobte – Familiengeschichte „Linie Linkshand sucht das Reh“ mit dem Rauriser Förderpreis ausgezeichnet. Danach nahm der aus Thüringen stammende Matthias Senkel für seinen Debütroman „Frühe Vögel“, der vor allem durch seine außergewöhnliche literarische Form besticht, den Rauriser Literaturpreis entgegen. Bevor der Preisträger mit angenehm tiefer und ruhiger Stimme einige Passagen aus seinem Werk vorlas, hielt Jan Süselbeck, der deutsche Teil der Jury, eine poetische Laudatio, die allerdings – um in all ihren Facetten erfasst und verstanden werden zu können – voraussetzt, bereits in die bizarre Flug- und Raumfahrtsgeschichte rund um die Familie Leudoldt eingetaucht zu sein. Bei all den anderen hat die Lobesrede möglicherweise dafür gesorgt, dass „Frühe Vögel“ – anstatt direkt aufs Nachtkästchen zu fliegen – die Schwerkraft nicht überwunden hat und am Verkaufstisch liegen geblieben ist.

Das Paul Widauer Trio – bestehend aus drei jungen Burschen aus dem Musischen Gymnasium Salzburg – begleitete den Abend musikalisch und begeisterte mit jazzigen Tönen. Beim Pinzgauer Festschmaus schlug man sich am Ende des Eröffnungsabends mit lecker-schmeckenden Schmankerln die Bäuche voll.

Heute Donnerstag-Vormittag (4.4.) gingen in angenehm-heimiliger Atmosphäre die Gespräche mit Matthias Senkel und Walter Kappacher über die Bühne. Wenn Senkel davon erzählt, von seinem Text zwei Jahre begleitet worden zu sein, scheint er von einem Freund zu sprechen, der liebgeworden in die freie Wildbahn ent-lassen und auf das Lesepublikum los-gelassen wird, um zu überraschen und ungewöhnliche Leseerlebnisse anzubieten. Auf die Frage der Studierenden, wie eine so große Bandbreite der literarischen Gattungen ihren Weg in einen Roman finden konnte, antwortete Senkel, er habe sich einen Text gebaut, den er zu dieser Zeit auch gerne gelesen hätte: Und so stehen etwa Passagen in der Form von Lexikonartikeln einem Interview oder einem Comic gegenüber.

Seine Recherchearbeit soll ihn des Öfteren in diverse Bibliotheken geführt haben, und auch wenn ein verschmitztes Lächeln bei manchen Fragen darauf hindeutete, dass er vielleicht nicht alle Rätsel und Geheimnisse, die sein Text aufgibt für den Leser lösen und verraten will, darf man davon ausgehen, dass er beim Schreiben nicht nur sich selbst, sondern auch zukünftigen Lesern eine Freude machen wollte. Er schafft eine Kunst der Kommunikation, die den Leser durch ihre ungewöhnliche Form aktive Leser sein lässt.

Walter Kappacher, der erst mit vierzig Jahren den Beruf des Schriftstellers ergriff, stand mit bestechender Ehrlichkeit den Innsbrucker Studenten Rede und Antwort – und verblüffte dabei sicherlich den ein oder anderen. Er schreibe für sich, meinte der Büchner-Preisträger Kappacher, denke an kein bestimmtes Publikum und schon gar nicht an den irgendwelche Literaturpreise. Er halte – so Kappacher offen – nur sehr selten Lesungen, weil er seine Bücher, die für ihn keine tiefere Bedeutung haben, schnell wieder vergessen möchte. Umso schöner, dass ihn sein Weg nach Rauris geführt hat. Er versuche halt, ein freundlicher Mensch zu sein.

Für DrehPunktKultur berichten aus Rauris wieder Studierende von Christa Gürtler, die im Rahmen der Lehrveranstaltung "Literaturbetrieb und literarisches Leben in Österreich (Rauriser Literaturtage 2013)" am Fachbereich Germanistik an den Rauriser Literaturtagen teilnehmen.

All jenen, die die Studentinnen und Studenten in diesen Tagen auf ihren erlebnisreichen Wegen durch Rauris begleiten möchten, sei der Blog www.rauriserliteraturtage.blogspot.com empfohlen
Bilder: LMZ/Neumayr; Rauriser Literaturtage/Lukas Beck

 

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