Die Gäste müssen etwas zu erzählen haben

HINTERGRUND / GASTEIN / ART ON SNOW

22/01/13 Normalerweise ist Alex Neumayer im Food-Art-Bereich unterwegs. Er macht aus Essen dekorative Kunstwerke, er ist ein Arcimboldo des kalten Buffets. In Gastein wechselt er auf Tiefkühl-Kunstkost: Da macht er nämlich Eisskulpturen. Man muss eben mit der (Jahres-)Zeit gehen, als Koch- und bildender Künstler.

Von Reinhard Kriechbaum

Nicht ganz unproblematisch, was da alles aus dem dekorativen Bereich der Kunst zusammengespült wird an einem Fleck, beim Festival „Art on Snow“ in Gastein. Immerhin verkünden die Veranstalter, die Gasteinertal Tourismus GmbH, vollmundig: „Das größte Kunstfestival der Alpen“. Von 2. bis 8. Februar findet es statt, zum zweiten Mal.

Wer denkt sich was dabei, und wofür macht man so etwas? Ob die „Erfinder“ von Art on Snow“, Josef Gruber und Marco Heim, mehr ausgefuchste Geschäftemacher im Event-Management sind oder sie tatsächlich etwas mit Kunst am Hut haben, ist so leicht nicht auszumachen. „Beim Durchblättern von Ski- und Snbowboardmagazinen störte uns, dass bei den Fotos vorrangig die Namen der Fahrer in fünf Zentimeter großen Buchstaben präsent sind.“ Der zweite Wichtige, der Fotograf nämlich, komme nur im Kleingedruckten vor. „Hier setzt das Festival Art on Snow an und will auch den Leistungen der Wintersportfotografen Aufmerksamkeit verschaffen.“

Der Grenzbereich zwischen Kunst und Kommerz wird auch auf anderen Ebenen berührt: „Neunzig Prozent der Skier werden über das Design verkauft“, weiß Josef Gruber. Die Ski- und Snowboarderzeuger bauen auf Ideen von Künstlern und Designern (das eine schließt das andere bekanntlich nicht aus). In der Pop-Kultur ist die „Board Culture Scene“ unterdessen ein Begriff. „Die Sub- und Board Culture Szene hat vielerorts eine eigene Form der Kunst, die sogenannte ‚Board Sports Art‘ hervorgebracht“, so Gruber.

Wenn also im Gasteinertal demnächst 28 bildende Künstler aus aller Welt (sogar aus Argentinien und den USA) antreten, wird ein zeitgeistiges Kunst-Segment aus der Pop-Sparte ausgeleuchtet, mit dem man in Salzburg sonst nicht konfrontiert wird. Das wird es beispielsweise eine „Markerbattle“ geben, einen Kunstwettbewerb, der live ausgetragen wird. Zwölf Künstler zeichnen mit Marker-Stiften auf Snowboards. Es gibt eine Gondelmalaktion (Bergbahn Fulseck). Im öffentlichen Raum entstehen Gemälde – und natürlich gibt es Schnee- und Eisskulpturen in Menge. Die Tennishalle des Hotel Palace in Hofgastein wird für die Finissage am 8. Februar ab 16 Uhr notwendig sein, um all die tau-frischen Originale und Fotografien zu präsentieren. Manch Originelles ist zu erwarten, viel kruder Kitsch wohl auch nicht zu vermeiden.

Was versprechen sich jene Touristiker davon, die die Sache finanzieren? Von ihnen kommt ja der Löwenanteil des Budgets (100.000 Euro). Bloß nicht am DJ-Ötzi-Image anstreifen, lautet in Gastein die Devise. Und: Gastein ist nicht Ischgl, der Ballermann der Winterszene – und soll es möglichst auch nicht werden. „Wir müssen Emotionen wecken“, sagt der Cheftouristiker des Gasteinertals, Martin Zeppezauer. „Die Mundpropaganda ist unbezahlbar, die Gäste müssen etwas zu erzählen haben.“

Die Ischgl-Linie müsse es auch gar nicht sein, so Zeppezauer. „Wir haben 2,5 Millionen Nächtigungen, es gibt also ein Publikum für Sport und Erholung.“ Berge und Architektur, Sport und Erholung entsprechen der Positionierung am Markt. Events müssen heutzutage sei, „Ski, Berge & Thermen“, wie es im Logo heißt reichen allein beileibe nicht mehr. Da helfen also laut Zeppezauer Initiativen wie „Art on Snow“ (zur touristischen Hoch-Zeit, in der Wiener Semesterferienwoche) oder, deutlich später in der Saison, „Snow Jazz Gastein“ Mitte März. Dieses Musikfestival geht schon ins zweite Jahrzehnt.

Die Veranstaltungen rund um „Art on Snow“ sollen „Lounge Charakter“ haben, hofft Zeppezauer. Weder mit dem Jazzfestival noch mit der Kunst am Pistenrand ist man also in der Nähe des DJ Ötzi. Womit der Gasteiner Tourismusdirektor nicht unbedingt ein Werturteil verbunden haben möchte: Viele suchen ja genau das…

"Art on Snow Gastein" findet von 2. bis 8. Februar statt - www.artonsnow.at
Bilder: Gasteinertal Tourismus GmbH