Pfarrer Pfeifenberger als Thomataler Hofmannsthal

THOMATAL / IM UNTERSBERG

19/07/10 "Im Untersberg", Kaiser Karl innergebirg: Ein Text voller Brüche und Widersprüche - aber in Summe ein starkes Mysterienspektakel über einen Lokalmythos und seine engagierte Gemeinde.

Von Erhard Petzel

altDie für Samstag (17.7.) geplante Uraufführung hat man absagen müssen, aber am Tag darauf hielt konnte man „Im Untersberg“ auf dem Thomataler Dorfplatz spielen. Eine vertraute Spielstätte für Valentin Pfeifenbergers Szenen mit Kindern und Honoratioren des Ortes, die von Gerhard Es, der auch Regie führt, gemeinsam mit Robert Wimmer (Gesamtleitung) zusammengefasst und überarbeitet wurden. Die Theatergruppe „Mokrit“ setzt zu ihrem 25-Jahre-Jubiläum das Werk um und „Die Querschläger“ liefern die Musik. Ein sich rundendes, schlüssiges Projekt.

Gar nicht so schlüssig das Werk selbst. Da gibt es einige starke Figuren. Das Alter Ego Pfeifenbergers, der Hanswurst (Klaus Steinschnack), ist eine eigentümliche Mischung, die einerseits ihre deftig zotige Herkunft nicht verleugnet, andrerseits aber zum zeitlosen, stets kommentierenden und arrangierenden, moralisierenden und reflektierenden Faktotum des Geschehens wird. Ein leitmotivischer Knabe schreit ihm wieder ein, was Sache sei, mit der Floskel:alt „Jochtroga, Jochtroga, sog an Stutzimutzi, …“, was immer halt zu sagen oder zu tun ist. Der rote und etwas androgyne Hanswurst wird die Bürde des Jochtragens schließlich loswerden. Warum, weiß man so genau allerdings nicht.

Pudl Pudl ist nach einer bitteren Abfuhr durch Anderl zur bösartigen Hexe mutiert, die den eifersüchtigen Neidhart unterstützt, indem sie Hanswurst mit dessen Braut-Ring zu verderben trachtet, scheitert aber an dem braven Kerl. Sie wird schließlich ein großes Klagelied über sich anstimmen, der goldgierige Anderl brät im Höllenfeuer und Neidhart wird sich mit seiner Eifersucht das Leben selbst versaut haben. Kunz von Rosenmund scheidet in der Thomas-Nacht von seiner geliebten Kunigunde; nach einem gottgefälligen Leben treffen sie sich zum Sterben. Alles klar? Auch zu altKaiser Karl in den Untersberg geht es. Der reagiert aber grad sauer auf seine vorzeitige Erweckung, weil noch immer die Raben fliegen. Er gibt eine der wenigen klaren Botschaften ab: Der Mensch muss sich selber helfen, bevor Gott endlich einschreitet.

Brüche und Widersprüche im Text verstören die Wahrnehmung von Einheit, die wiederum doch zu stark erreicht ist für absurdes Stationen-Theater. Bis auf Hanswurst sind die Figuren auch nicht soweit entwickelt, dass es zu echter Charakterprojektion reicht. Die Mischung aus Prosa und Knittelvers vermittelt zwar das Gefühl der Gesamtheit, schafft aber eine Sphäre von Mittelbarkeit, die sich immer etwas spreizt. Ähnlich wie beim Jedermann, nur ohne dessen moralisierender Stringenz. Die wirklich großen dramaturgischen Momente finden sich in den Rüpel-Szenen, vor allem die beiden Auftritte der 3 Bergarbeiter bzw. altSchmelzer. Beim Wiedersehen des gealterten Liebespaares hingegen ist klar, warum Pfeifenbergers Traum vom Broadway ein solcher bleiben musste.

Ganz wichtig für die Einheit wird die Musik. Sehr einfühlsam und mit zärtlicher Behutsamkeit liefern die Querschläger Hinter- und Untergrund, kommentieren mit ihren Liedern und kommunizieren mit den Spielern. Die sind unverstärkt, nur die überirdischen Stimmen erhalten technische Unterstützung und Verfremdung. Äußerst wohltuend ein Konzept von Zurückhaltung und effektivem Einsatz auch bei Bühne (Thomas Mayer, Raimund Enzinger) und Licht (David Wimmer). Überzeugend die Szenerie des Geländes: da räkelt sich einmal Ricki Moser als Geld-Teufel mit ihrer sinistern Schar (Kostüme Elisabeth Strauß, Dagmar Moser) in Fels und Gesträuch des Abhangs, den Hexen-Anderl gierig erklimmt, Querschläger kommentieren mit „Der Ruach“. Ein riesiges Pendel erinnert an die Zeit, die im Berg nicht läuft, wo aber das Glück sitzt. Tanzende Kinder und Hochzeit als Rahmen des Mysterienspektakels eines Lokalmythos und seiner engagierten Gemeinde.

"Im Untersberg": Weitere Aufführungen in Tamsweg (Leonhardsberg) am 23./24./25./30./31.07./1.8., Beginn jeweils 20.30 Uhr - www.lungaukultur.at
Bilder: Lungauer Kulturvereinigung / Theater Mokrit