Delikatessen mit Klavier

MATTSEE / DIABELLI-SOMMER

02/07/18 Gerne lässt der künstlerische Leiter des Diabelli Sommers, Gottfried Kasparek, eher unbekannte Kammermusikwerke von der Klassik bis hin zur frühen Avantgarde neu entdecken. In der Pianistin Biliana Tzinlinkova scheint er für seine Ideen eine ideale Verbündete gefunden zu haben.

Von Andreas Vogl

Am Freitag (29.6.) war es das Klavierquintett in C-Dur op.3 von Belá Bartók aus den Jahren 1903/1904, ein noch sehr vom spätromantischen sogenannten Brahm’schen Stil beeinflusstes Jugendwerk, welches das Zentrum und schon gleich zu Beginn einen wahren Höhepunkt sowohl von kompositorischer Feinheit wie auch professioneller Interpretation darstellte: Klara Flieder und Werner Neugebauer an der Violine, Thomas Selditz mit der Bratsche und Marta Sudraba am Violoncello musizierten, gemeinsam mit der Pianistin feurig zupackend, die typisch bereits beim frühen Bartók erkennbaren Tendenzen zur Verarbeitung ungarischer Volksmusik. Besonders der dritte Satz faszinierte: ein tragisch, dennoch erhabener langsamer Melodiebogen voll zigeunerischer Schwermut, der nahtlos in den vierten Teil übergeht und sich zu einem virtuosen Czardás steigert, den man so eher in Operetten vermutet. Unbedingt sollte dieses Werk öfter in den Kammermusiksälen erklingen!

Ebenso selten zu hören ist Kammermusik des Tschechen Bohuslav Martinú. Dabei hinterließ der in Ostböhmen 1890 geborene Komponist ein großes Oeuvre in dieser Gattung: Sieben Streichquartette, etliche Trios und Sonaten, sowie auch Werke für ungewöhnliche Besetzungen wie die 1941, in seinem amerikanischen Exil in New York komponierten Drei Madrigale für Violine und Viola. Sie gelten neben den von Mozart für die beiden Instrumente geschriebenen Duos als besondere Meisterwerke. Klara Flieder und Thomas Selditz erfreuten mit einer klar intonierten und beseelten Wiedergabe, der mit wehmütig tschechischen Heimatklängen, und volksliedhaft im renaissanceartigen Madrigalstil verarbeiteten Komposition.

Den Abschluss bildete, ergänzt durch Tommaso Huber am Kontrabass, das Klaviersextett in D-Dur op. 110 von Felix Mendelssohn-Bartholdy. Hier war man schlussendlich wirklich zu Gast bei Freunden: sechs Musiker machen Hausmusik. Genauso wie Mendelssohn, einst selbst vermutlich am Klavier sitzend, dieses Werk von 1824, später dann in den Salons seiner Londoner Zeit gespielt hat. Es vermittelt mit seinem virtuosen Klavierpart und der recht klassischen Form den Eindruck eines klein besetzten Klavierkonzertes, durchaus symphonisch im Klang, dennoch klar strukturiert und enorm effektvoll gesetzt. Vor allem im zweiten langsamen Satz vermochte Biliana Tzinlinkova den Bösendorfer Flügel wie einen Hammerflügel der späten Beethoven Zeit klingen zu lassen. Eine wahre Meisterschaft, wer so musikalische Stimmungen wie im Originalklang zaubern kann. Deswegen erklang er als Zugabe gleich nochmal.

Bild: dpk / Andreas Vogl