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Kampf der Energie-Don Quichottes für Windmühlen

NEU IM KINO / DIE 4. REVOLUTION - ENERGY AUTONOMY

20/04/10 „Genauso wenig, wie man es in einer Kulturnation erlaubt, dass der Müll auf die Straße geschmissen wird, genauso wenig darf man heute noch erlauben, dass man einfach Energieemissionen hinterlässt.” Das ist eine der zentralen Botschaften im Dokumentarfilm „Die 4. Revolution - Energy autonomy“ von Carl-A. Fechner.

Von Heidemarie Klabacher

alt"Das neue System der Energie-Autonomie steht vor dem Durchbruch. Es wird die Energieversorgung unabhängiger machen und demokratisieren und der Weltbevölkerung mehr Gerechtigkeit bringen. Die Wirtschaft wird sich darauf einstellen - müssen. Wir stehen vor dem größten Strukturwandel der Wirtschaft seit Beginn des Industriezeitalters." Das sagt Hermann Scheer, Vorstand des Weltrats für erneuerbare Energien, Träger des alternativen Nobelpreises, Mitglied des Bundestages und einer der Hauptprotagonisten des Films.

Eine Welt-Gemeinschaft, deren Energieversorgung zu hundert Prozent aus erneuerbaren Quellen gespeist ist – für jeden erreichbar, bezahlbar und sauber: Das ist die Vision, die in diesem Dokumentationsfilm beschworen wird.

Das energieeffizienteste Bürogebäude der Welt steht in Deutschland und produziert mehr Energie, als es verbraucht. Erneuerbare Energien sichern Familien in Mali und Bangladesh die Existenz. Alternative Energiekonzepte revolutionieren die Autoindustrie und fördern neue Wege der Mobilität: Was Fachleute und Aktivisten unterschiedlichster Disziplinen und Nationen beschwören - und teils bereits in eindrucksvollen Projekten realisieren - wird vom Chefökonomen der „Internationalen Energie-Agentur“ milde belächelt: Fatih Birol, der ehemalige Öl- und Energieexperte der „Organisation erdölexportierender Länder (OPEC)“, hält die Vorstellung, in den nächsten Jahrzehnten komplett auf erneuerbare Energien umzustellen, für unrealistisch und naiv. Er meint, der weltweite Energiebedarf steige bis 2030 um 45 Prozent an und werde zu achtzig Prozent durch die konventionellen Brennstoffe Erdöl, Gas und Kohle gedeckt. Das lästige CO2 müsse freilich eingefangen und unter der Erde gebunkert werden. Neben Atommüllhalden also auch noch unterirdische Gaskammern auf ewig? Das ist Zynismus pur. Die OPEC legt die Preise für den weltweiten Ölmarkt fest. Einnahmen 2008: rund 1.000 Milliarden US-Dollar.

Umso effektvoller - mit hochdramatischer und hochemotionaler Musik („Kitsch“ wäre das richtige in diesem Kontext aber unpassende Wort ) untermalt - sind dafür die Schnitte auf die Vorkämpfer für erneuerbare Energien.

altDer alte Querdenker Preben Maegaard aus Dänemark hat nach der Energiekrise der Siebzigerjahre mit dem “Nordic Folke Center” einen Musterpark für erneuerbare Energien geschaffen, mit dem heute 50.000 Menschen ausschließlich mit Strom aus Windkraft und anderen erneuerbaren Energien versorgt werden. Bei ihm gelernt hat Ibrahim Togola, der der junge Techniker aus Mali, der ähnliches in seiner Heimat in Afrika initiiert. Der Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus, Dhaka, Bangladesch, ist für seine

Mikrokredite für die arme Landbevölkerung bekannt. Seine „Grameen-Bank“ betreibt seit 1996 aber auch ein Tochter-Unternehmen für erneuerbare Energien und installiert auf den Dächern in Bangladesch jeden Monat 8.000 Solarmodule. - Die Techniker sind meist Frauen. In den Dörfern laufen dafür Ausbildungsprojekte für Schulkinder, Kundinnen, Technikerinnen.

Aber erneuerbare Energien taugen aber nicht nur für Entwicklungshilfe: Der kalifornische Erfinder Elon Musk stellt schnittige Sportwagen für Prominente wie Arnold Schwarzenegger, Matt Damon oder George Clooney her - und alle Fahrzeuge haben einen Elektro-Antrieb. Er sinniert bereits über Elektro-Flugzeuge.

Ob indischer Humanist und Banker im kragenlosen Hemd oder deutscher Yuppie mit oranger Krawatte passend zum orangen Elektro-Rennauto: Ihnen allen geht nicht nur darum, die Energiequellen auszutauschen, sondern um einen radikalen Strukturwandel: Strom und Wärme werden nicht mehr von Großkonzernen in riesigen Raffinerien und Kraftwerken produziert, sondern dezentral für einzelne Familien, Dörfer oder Regionen. Gehandelt wird nicht mehr mit Rohstoffen, sondern mit Technologie. „Im Gegensatz zu den fossilen Brennstoffen sind Wind, Sonne und Wasser für alle kostenlos zugänglich. Ihre Energie muss aber mit modernster Technik verfügbar gemacht werden.“

Ob die Ansätze langfristig tatsächlich realisierbar sind, können wohl nur Expertinnen und Experten beurteilen. Carl-A. Fechner vermittelt mit seiner ganz klassisch geschnittenen Dokumentation jedenfalls glaubwürdig - und mit einer gehörigen Portion Enthusiasmus - das mögliche Szenario einer besseren Welt.

Bilder: Filmladen

 

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