Mit dem Teufel im gleichen Boot
GRAZ / DIAGONALE
11/03/16 Der Krimmler Wasserfall: Er kommt imponierend ins Bild in dem Krimi „Drachenjungfrau“. Diesen Krimi (von Catalina Molina in Szene gesetzt) hat der ORF heuer bei der „Diagonale“ in Graz für seinen traditionellerweise hier zelebrierten Premierentermin ausersehen.
Von Reinhard Kriechbaum
Der ORF stellt sich zu der Gelegenheit immer als der wahre Segensbringer für den österreichischen Film ins rechte Licht. „Ein Salzburger Kaff namens Krimml“, und dort viel „Gischt und Nebel“ - Formulierungen aus dem dickleibigen Diagonale-Programmbuch in Sachen „Drachenjungfrau“ (die Story beruht auf Manfred Baumanns gleichnamigem Krimi).
Immerhin sind wir einprägsame Kulisse. Salzburg hat schon nachhaltiger auf sich aufmerksam gemacht beim Festival des österreichischen Films. Schon seit Jahren hat dort kein Salzburger Filmemacher wirklich aufgezeigt. Das hat natürlich schon auch mit den Auswahlkriterien in der Branche zu tun, die logischerweise ihr Zentrum in der Bundeshauptstadt hat. Aber dass das angebliche „Filmland Salzburg“ eigentlich nur mehr abstrakter Begriff in Sonntagsreden ist, wenn wieder irgendein Förderpreis vergeben wird: Das ist schon auch fest zu halten.
In den ersten Diagonale-Tagen war Andreas Horvaths Dokumentation über den Schauspieler Helmut Berger ein effektvoller Schocker, der auch zur Vormittagsstunde für einen vollen Saal sorgte. Der von Othmar Schmiderer produzierte Dokumentarfilm „Aus dem Nichts“ hat Charme, aber mit Salzburg eigentlich nichts zu tun (wie viele Oberösterreicher hat auch Regisseurin Angela Summereder hier studiert: Germanistik). DrehPunktKultur berichtete über beide Premieren. Sonst: weitgehend Funkstille, höchstens da und dort etwas mit Salzburg-Verbindungen in den Kurzfilm-Samplers.
Eine witzige Satire lieferte der Deutsche Albert Meisl, der am Mozarteum Schauspiel studierte, den es dann aber an die Wiener Filmakademie gezogen hat. „Die Last der Erinnerung“ ist vielleicht doch ein etwas bedeutungsschwerer Titel, aber der 20-Minuten-Streifen kommt leichtfüßig daher. Der Regisseur selbst ist sein Hauptdarsteller, ein verkrachter Musikwissenschaftler, vergraben in Bergen von Büchern, Noten und Schallplatten. Schon mit Kaffeekochen ist er hoffnungslos überfordert. In die Messie-Wohnidylle platzt ein Sendbote von der Universität. Er will persönlich ein Notenblatt abholen, das längst rückerstattet sein sollte. Die Suche verläuft erwartungsgemäß nicht so erfolgreich, und es passiert allerlei Unerwartetes. Handfeste Komik.
18 Spielfilme sind im Wettbewerb um den Großen Diagonale-Preis. Anzunehmen, dass „Los Feliz“ von Edgar Honetschläger ob seines Experimentalfilm-Charakters eher nicht infrage kommt. Aber dieser Streifen war bisher der weitaus Originellste im Grazer Festival. Ein bewegtes Road-Movie mit meist still stehendem Mercedes-Oldtimer. Nicht leicht, per Auto von Rom nach Hollywood zu kommen, wenn der Beelzebub auf der Rückbank sitzt. Drei Kardinäle und der Teufel sind einen Bund eingegangen. Es sieht nämlich danach aus, dass der Kirche die Macht über die Bilder abhanden gekommen und Hollywood in die Bresche gesprungen ist.
Warum wird der Teufel zum Verbündeten der geistlichen Herren? Man sitzt, bildmäßig gedacht, im gleichen Boot. Und so schickt man als den Teufel als potentiellen Verhinderer mit einer sympathischen Glücks-Sucherin auf Reisen, während die Kardinäle an der großen Kurbel drehen und die zweidimensionale Deko als schwarzweißes Endlosband am Mercedes vorbeiziehen. Die buddhistische Lenkerin des Vehikels ist quasi einkomponierter Kommentar: DasAbendland habe so eigenartige Illusions-Erfindungen gemacht wie Liebe oder 3-D, schulmeistert sie einmal. „Wir stellen uns das vor.“
Der Weg in die Bilderfabrik Hollywood ist hier jedenfalls ein mit hinterhältigem Witz verschlungener, und nicht mal der Teufel hat nicht immer die besten Karten. Der Text mit ironischem Hintersinn ist, so schien es, beim Publikum gar nicht so wirklich angekommen. Es sitzen da ja mehrheitlich Film- und mithin Bildmenschen. Vielleicht ist ihnen Edgar Honetschlägers lapidarer Sarkasmus ein wenig zu nahe.