Der Klangmagier

IM PORTRÄT / TRISTAN MURAIL

31/05/16 „Mir wurde gesagt, dass meine Musik eine Geschichte erzählt. Aber ich kenne diese Geschichte nicht“, soll Tristan Murail gesagt haben. Der französische Komponist ist Composer in Residence beim Jubiläumsfestival 40 Jahre Aspekte Salzburg. Von Blitz und Glockenklang, alten Landkarten und Starkstrom erzählt seine Musik. Starke Geschichten.

Der 1947 in Le Havre geborene französische Komponist gilt als Superstar der Neuen Musik oder Spektralmusik - meist auch musique spectrale genannt. In den 70er Jahren gründete er mit anderen französischen Komponisten das Ensemble l`Itinéraire und die gleichnamige Künstlergruppe von jungen Komponisten und Instrumentalisten. Schon wenige Jahre darauf begann er sich für elektronische Musik zu interessieren und arbeitete eng mit dem Zentrum für elektronische Musik in Paris zusammen: dem IRCAM.

Drei Jahre lang war er in Salzburg Gastprofessor für Komposition. Während dieser Zeit hatte er auch schon mit dem oenm zusammengearbeitet.

Peter Sigl, der künstlerische Leiter des oenm über den Komponisten: „Tristan Murail steht uns nahe, da wir in der Zusammenarbeit mit ihm persönlich, wesentliche Einblicke in seine Musik und sein Denken gewinnen konnten. Durch ihn haben wir den schärfsten Einblick in die Welt der ‚spektralen Klänge’ erlebt, die er nicht zum Selbstzweck einsetzt, sondern aus denen seine Musik eigentlich besteht und die ihr erst Leben geben. Besonders schätzen wir immer wieder seinen Zyklus ‚Portulan’, der genau für unsere oenm Stammbesetzung geschrieben ist und der seit vielen Jahren hoffentlich noch lange Zeit durch neue Werke erweitert wird.“

Aber was ist Spektralmusik und in wie weit unterscheidet sie sich von anderer Musik? Der Musikwissenschaftler Hans Gebhardt schreibt dazu: „Essenziell für das spektrale Komponieren ist nicht nur die Herleitung des zu verarbeitenden Materials aus der Obertonreihe, sondern auch ein bestimmtes Verständnis der Klänge. Die Unterschiede und Übergänge zwischen den verschiedenen Ausprägungen des Klangs darzustellen ist eine der wichtigsten Aufgaben, denen sich der französische Spektralismus stellt.“

Ludwig Nussbichler, der Künstlerische Leiter der Aspekte, beschreibt hingegen die Spektralmusik als Klangschmelze. Es ist die Musik, die vom Ohr ausgeht - die Obertöne sind das wichtige daran. Um es mit einem Satz zu sagen: „Die Spektralmusik ist ein in den Klang hineinhorchen.“

Tristan Murail selbst definiert Spektralmusik als Annäherung des Komponisten an die Studien der Spektren. Dazu zählt er auch den „natürliche Klang“, den „Klang in der Natur“. Für Tristan Murail ist Spektralmusik eine Musik der Natur, die mit Mitteln der Technik dechiffriert wurde. (Aspekte Salzburg)

Bild: Aspekte/Wolfgang Kirchner
Zum Aspekte-Vorbericht Goldfisch, Traumbild, Kartenzimmer