Ein kleines „Sistema“ in Chile

IM PORTRÄT / CHRISTIAN BOESCH

06/08/15 „Dieser Papageno ist volkstümlich, doch nie derb, ein liebenswerter Naturbursche mit Neigung zu kulinarischen Genüssen“ So hieß es in einer Zeitungskritik 1978 über einen, der nun einen weiten Weg zurücklegt, um – doch regelmäßig – zu den Festspielen zu kommen: Christian Boesch.

Vor fünfzig Jahren ist er das erste Mal auf einer Salzburger Festspielbühne gestanden: Es war die Pawlatsche auf dem Domplatz und Christian Boesch war 1965 Mitglied der Tischgesellschaft im „Jedermann“.

In die Festspiel-Annalen ist er aber als Langzeit-Papageno eingegangen. Von 1978 bis 1986 sang er den Papageno in der unvergessenen Inszenierung der „Zauberflöte“ von Jean-Pierre Ponnelle in der Felsenreitschule, unter dem Dirigenten James Levine. Ja wirklich, neun Jahre: Undenkbar heutzutage, dass man eine Aufführung so lange in Programm behielte.

Nach diesem überwältigenden Erfolg brachte Boesch 1980 die „Zauberflöte für Kinder“ in Salzburg auf die Bühne. Orchester, Chor, Solisten spielten ohne Gage. Ein Traum verwirklichte sich für ihn, denn auch die Kinder-Aufführungen waren ein großer Erfolg, der fest im Gedächtnis der Salzburger geblieben ist.

Christian Boesch wurde am 27. Juli 1941 in Wien geboren, als Sohn der Sopranistin und Kammersängerin Ruthilde Boesch, die ihn in Gesang unterrichtete. Auch seine Mutter sang bei den Salzburger Festspielen, 1949 etwa den zweiten Knaben in der Zauberflöte, 1956  eine der Due Cretesi in Mozarts „Idomeneo“. So kommt es, dass die Boeschs in drei Generationen als Festspielkünstler firmieren: Christian Boeschs Sohn Florian hat ja auch schon einige Male hier gesungen.

Doch zurück zu Christian Boesch, der seine Zauberflöten-Vergangenheit auch in der Neuen Welt nicht verschweigt: Seit 1986 lebt Christian Boesch im Süden von Chile, und seine Farm heißt „Fundo Papageno“. Aus Überzeugung betreibt er dort Ackerbau, Waldwirtschaft, Viehzucht und auch biologischen Obstbau. Landwirt zu sein, war schon in seiner Jugend ein Traum. Dank seiner Erfolge als Sänger habe er sich diesen Traum verwirklichen können, sagt er.

Als Christian Boesch aber nach Chile kam, stellte er fest: „Ein Paradies ohne Kultur ist ein Irrtum.“ So formulierte er es 2009, in einem Interview der Festspielfreunde. Es habe in der nächsten größeren Stadt, in der seine zwei jüngsten Kinder zur Schule gingen, keine Musikschule gegeben. Also entwickelte Christian Boesch kurzerhand selbst ein Konzept und gründete eine Musikschule. Aus anfänglich zwei Lehrern und 15 Schülern sind mit der Zeit 51 Schulen mit fast tausend Kindern geworden.

Einmal im Jahr, zur Festspielzeit, fliegt Christian Boesch von Chile nach Salzburg. (PSF)

Bild: Salzburger Festspiele / Anne Zeuner