Merci Cherie

TODESFALL / UDO JÜRGENS

22/12/14 Mit 66, so der Titel einer Tournee und CD, fange das Leben erst an, sang Udo Jürgens. Glaubte man seinem aktuellen Tour-Motto, so fühlte er sich gerade „Mitten im Leben“. Aus dieser Mitte wurde der Achtzigjährige gestern Sonntag (21.12.) gerissen: Völlig unerwartet erlag in der Schweiz einem Herzversagen.

Von Reinhard Kriechbaum

Der weiße Bademantel, in dem Udo Jürgens seine Zugaben zu singen pflegte, bleibt nun in der Garderobe hängen. Vor knapp drei Wochen ist Udo Jürgens in der Salzburg Arena aufgetreten. Es war der Auftakt zu seiner Tournee „Mitten im Leben“. Klar, dass das Tribute-Album gleichen Namens bereits „vergoldet“ ist.

„Merci Cherie“ – sein Beitrag zum Eurovision Song Contest 1966 machte ihn quasi über Nacht zum Star. Schon zwei Jahre zuvor hatte er am Song Contest teilgenommen und mit „Warum nur, warum“ den 6. Platz belegt. Im Jahr darauf gab es Platz vier. Schon 1950 hatte Udo Jürgens bei einem Komponisten-Wettbewerb des ORF unter 300 Einsendungen mit dem Lied „Je t’aime“ als jüngster Teilnehmer den Ersten Preis bekommen. Als Komponist hatte seine ersten größeren Erfolge. Er schrieb Titel für Shirley Bassey, Lale Andersen Frank Sinatra, der „I Never Sing Another Song“ später an Sammy Davis junior abtrat. 1965 dann sein erster eigener großer Erfolg: „17 Jahr, blondes Haar“.

Ein Schlagersänger? „Griechischer Wein“, der Hit ab 1975, ist keineswegs ein Beitrag zur Tourismuswerbung (wenn der Song als solcher auch nicht zu unterschätzen ist). Eigentlich war es ein Lied, das Aufmerksamkeit für die griechischen Gastarbeiter in Deutschland erzeugen sollte, wie überhaupt in vielen vermeintlichen „Schlagern“ von Udo Jürgens ein sozial und gesellschaftspolitisch engagierter Subtext mitschwang – Stichwort „Aber bitte mit Sahne“ oder „Café Größenwahn“. Viel mehr als Schlagersänger war Udo Jürgens eben Chansonnier. In „Ein ehrenwertes Haus“ brach er eine Lanze fürs Zusammenleben ohne Trauschein, „Traumtänzer“ ist eine Kritik am Wettrüstren und „Rot blüht der Mohn“ ein gesungenes Statement gegen Drogen.

„Griechischer Wein“ wurde übrigens unter dem Titel „Phile kerna krassi“ so etwas wie ein Volkslied in Griechenland. Udo Jürgens‘ größter finanzieller Erfolg war „Buenos días, Argentina“. Das waren gute Zeiten für ihn und auch für das Fußballland Deutschland. Udo Jürgens komponierte mehr als tausend Lieder und veröffentlichte mehr als fünfzig Alben. In seiner mehr als sechzig Jahre andauernden Karriere verkaufte er über 105 Millionen Tonträger und zählt damit zu den erfolgreichsten männlichen Solokünstlern der Welt.

Gelegentlich ist Udo Jürgens auch ernsthaft angeeckt: „Gehet hin und vermehret Euch“, das auf die vatikanische Einstellung zur Verhütung zielt, war im Bayerischen Rundfunk schon nicht zu hören, bevor der Bayer Ratzinger es aus den Papst-Stuhl brachte.

Bilder: Ariola (1); Archiv (1)