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„Ich bin gerne berauscht, aber kein Alkoholiker“

IM PORTRÄT / HERMANN NITSCH

01/04/11 Von seinen Vorfahren erzählt Hermann Nitsch, „lauter kleinen Weinbauern“. Für den „eigenen Genuss und die eigene Freude“, haben sie gekeltert. „Bei uns gibt es Straßen der Lust, die Kellergassen.“ Ein Sauna-Ruheraum im Krallerhof (Leogang) ist nun zu einem Museum der Nitsch-Lust geworden.

Von Reinhard Kriechbaum

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Man merkt ihm an, wie gerne er über das Genießen redet. Viel lieber sinniert er über den Wein als über die eigene Kunst, aber auch da ist für Hermann Nitsch das Unmittelbare, das Sinnliche entscheidend. Von Kokoschka erzählt er und dessen „Schule des Sehens“. Für ihn, so der jetzt 72jährige, der selber viele Jahre an der Sommerakademie in Salzburg unterrichtet hat, ist Kunst eine „Schule der Sinne“: „Die fünf Sinne sollen durch künstlerische Tätigkeit motiviert werden.“

Am Donnerstag (31.3.) war Hermann Nitsch nicht nur Gast in Leogang, sondern der Hauptdarsteller: Im Krallerhof, wo ein kunstsinniger Hotelier das Sagen hat, hängen neuerdings gleich sieben großformatige Bilder des Altmeisters. Wo? Im Wellnessbereich des Viersterne-Hotels, in einem der Sauna-Ruheräume.

Es sind die für Nitsch typischen Schüttbilder, Ergebnisse der 56. Malaktion. Drei Wochen im Mai 2009 war Nitsch mit zwanzig Assistenten am Werk. „Ich war der erste, der aus den 106 Werken auswählen durfte, noch vor renommierten Sammlern wie Essl“, sagt Krallerhof-Chef Gerhard Altenberger nicht ohne Stolz.

altWie kommt der Hotelier ausgerechnet auf Nitsch? Es war eine Inspiration, ein Geistesblitz.“ Mit dem Künstler war die Sache jedenfalls nicht abgesprochen. Und Nitsch: „Ich habe gehört, dass da jemand viel gekauft hat, hab mich aber nicht weiter drum gekümmert.“ Für's Verkaufen ist ja Michael Karrer von der Galerie Weihergut zuständig, Chef auch der Nitsch-Foundation.

Bei der Eröffnung des Nitsch-Ruheraums im Krallerhof hat der Meister dieses „Nitsch-Privatmuseum“ (das freilich nur für Hotel- und Wellnessgäste offen steht) selbst zum ersten Mal gesehen. „Ich bin positiv überrascht“, so Nitsch spontan, „ein Raum, der keineswegs stört“. Er mache ja im Allgemeinen seine Ausstellungen gerne selbst, „damit ein sakraler Raum entsteht“. Aber mag schon sein, dass Wellness ja auch so etwas wie religiösen Charakter hat heutzutage. „Ich empfinde es als eine Berührung verschiedener Welten, die hier möglich ist.“

altEr sehe „mit Bewunderung, was den Gästen hier geboten wird“. Natürlich sei eine Wellness-Oase wie diese „nicht meine Welt“. An Ironie fehlt es Nitsch ja nicht - und er sagt über die jüngst auf 2.400 Quadratmeter erweiterte Wellness-Landschaft im Leoganger Krallerhof: „Es muss die schönste sein, weil keine andere hat einen Nitsch-Raum.“

Der kunstbegeisterte Hotelier Gerhard Altenberger: „Wir haben im Jahr 60.000 Nächtigungen – da gibt es vielleicht gar nicht so wenige Leute, die Nitsch plötzlich mit anderen Augen sehen.“ Vielleicht ist die Aufnahmebereitschaft ja nach einem Saunagang, in einer Phase der Regeneration tatsächlich besonders hoch. „Es kommt drauf an, dass man das Sein ganz intensiv spürt“, mahnt Hermann Nitsch. Da ist er wieder, der Lust-Mensch: „Ich bin gerne berauscht. Aber alle, die mich näher kennen, wissen: Ich bin kein Alkoholiker.“

Bilder: dpk-klaba
Zur Reisekultur-Geschichte {ln:Kein Aprilscherz: Nitsch im Sauna-Ruheraum}

 

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