Ohrenöffner zur Neuen Musik

IM PORTRÄT / FRIEDRICH CERHA

11/03/11 „Friedrich Cerha war für mich der Ohrenöffner zur Neuen Musik“, schreibt Hans Landesmann, Jahrgang 1932, in seinem Buch „Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum“. Friedrich Cerha, Jahrgang 1926, feierte am 17. Februar seinen 85. Geburtstag. Am Samstag (12.3.) gratuliert die Biennale in der Reihe „Zoom Cerha“ mit einer Matinee, am Sonntag (13.3.) erhält Friedrich Cerha den "Musikpreis Salzburg 2011".

Von Heidemarie Klabacher

„Friedrich Cerha und das von Kurt Schwertsik und ihm 1958 gegründete Ensemble ‚die reihe’, das erste österreichische Spezialensemble für zeitgenössische Musik, zielte genau darauf ab: ein aufgeschlossenes, interessiertes Publikum einerseits mit den Wurzeln der österreichischen Moderne vertraut zu machen,  andererseits die internationalen Entwicklungen, von denen eine ganze Generation durch den Zweiten Weltkrieg und die ‚Vertreibung des Geistes’ abgeschnitten gewesen war, nachzuholen und mit den aktuellsten Strömungen in der Musik - Boulez, Nono, Stockhausen, die Darmstädter Schule - und neuen Schöpfungen österreichischer Komponisten zu verknüpfen.“ Fast ein bisschen viel für einen Satz - ein ganzes Musikerleben.

An diesem Wochenende also steht Friedrich Cerha steht im Mittelpunkt der Reihe „Zoom“ bei der Biennale, wird im Rahmen einer Matinee seinen 85. Geburtstag auch in Salzburg nachfeiern - einer Stadt, der er sich künstlerisch immerhin verbunden fühlt - und wird mit dem hoch dotierten „Musikpreis Salzburg“ ausgezeichnet.

„Eigentlich kommt das alles zu spät. Zu einem Zeitpunkt, wo man das alles nicht mehr braucht“, sagte Friedrich Cerha im Sommer bei einem Pressegespräch, bei dem bekannt gegeben wurde, dass er den „Salzburger Musikpreises 2011“ erhalten werde. „Über den Nutzen und die Funktion von Preise“ sei noch zu wenig philosophiert worden, philosophierte Cerha.

Er verstehe es, wenn Preis-Vergeber etablierte Komponisten auszeichnen: „Man kann sich ja auch mit Preisvergaben blamieren.“ Zudem interessiere ihn „die Psychologie der Vergebenden“, könne es doch auch der Fall sein, „dass sich die Auszeichnenden im Licht des Ausgezeichneten sonnen“. Dennoch habe er sich über alle Abbrüche der Zeit hinweg „einen Rest von Eitelkeit bewahrt“, der ihm über einen solchen Preis „Genugtuung verschafft“.

Der Stadt Salzburg, wo viele seiner Werke aufgeführt wurden, fühlt sich der 1926 in Wien geborene Komponist und unermüdliche Musikvermittler verbunden: „Ich freue mich über den Preis, aber er macht mich auch nachdenklich“, sagte der Komponist. Vor 55 Jahren war er „ein junger Mensch, neugierig auf die Welt“. Mit seinem kompositorischen Werk sei er auf „einige Ablehnung“, ja Feindschaft, gestoßen. Ihm sei unterstellt worden, geheiligte Tradition zerstören zu wollen. Und heute, mehr ein halbes Jahrhundert später, bekomme er Preise, Ehrungen und Auszeichnungen…

Bereits 1970 standen bei den Festspielen Cerhas „Spiegel I & VI“, 1974 sein „Catalogue des objects trouvés“ oder 1979 sein Konzert für Violine, Violoncello und Orchester auf dem Programm. 1981 dann die Uraufführung der Oper „Baal“ auf die Textvarianten von Bertolt Brecht. „1996 hat Hans Landesmann einen Schwerpunkt mit meinen Werken bei zehn Konzerten programmiert“, erinnert der Komponist. „Ich fühle mich künstlerisch in Salzburg zu Hause.“ Auch die Stiftung Mozarteum oder die Musiktage Mondssee haben Werke bei Cerha in Auftrag gegeben. Eines der jüngeren „Cerha-Erlebnisse“ in Salzburg war 2009 die Uraufführung seines Konzerts für Schlagzeug und Orchester durch Martin Grubinger und das Mozarteumorchester unter der Leitung von Ivor Bolton. Ein fulminanter Cerha.

Hans Landesmann und Karl Harb mögen sich noch einmal bemühen lassen: „Friedrich Cerha darf zufrieden aus das schauen, was er für die … Neue Musik geleistet hat. Er war und bleibt ein Pionier der Moderne.“

Zoom Friedrich Cerha
Geburtstagsmatinee: Samstag (12.3.), 11 Uhr, Solitär: Friedrich Cerha liest, das Klangforum Wien und der Bariton Martin Winkler spielen aus Cerhas "Eine Art Chansons für Klavier, Schlagzeug, Kontrabass und einen Chansonnier" - Eintritt frei, Zählkarten unter www.musikpreis-salzburg.org
Preisverleihung mit Preisträgerkonzert: Sonntag (13.3.), 19.30 Uhr, Großer Saal: Das Klangforum Wien und das oenm spielen unter der Leitung von Johannes Kalitzke Werke von Cerha, Mendoza und Schönberg - www.salzburgbiennale.at
Bilder: dpk-klaba