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Notorisch neugierig daheim und in der Fremde

IM PORTRÄT / OTHMAR SCHMIDERER

21/01/25 Der in Lofer geborene Filmemacher Othmar Schmiderer war nicht nur eng befreundet mit dem Schriftsteller Bodo Hell, mit dem zusammen und über den mehrere Filme entstanden. Auch mit André Heller arbeitete der jetzt Siebzigjährige mehrmals zusammen. – Das Kino widmet Schmiderer eine Personale und zeigt sein filmisches Gesamtwerk.

Othmar Schmiderer wurde 1954 in Lofer im Pinzgau geboren und lebt seit 1973 in Wien. Über viele verschiedene Lebensstationen (Elektrolehre, Sportstudium, Lehrer, Gastronom) kam er 1980 zum Theater: als Produktions- und Regieassistent bei der „Theaterkooperative zur Schaubude“, u.a. bei „Der Zusammenstoß“ von Kurt Schwitters, einer Wiener Festwochenproduktion im Museum des 20. Jahrhunderts. Außerdem arbeitete er mit den Performancekünstlern Alfons Egger und Beatrix Sunkovsky zusammen.

Seit 1983 arbeitet Schmiderer schließlich beim Film: als Assistent in unterschiedlichen Funktionen bei zahlreichen Dokumentar- und Spielfilmen, u.a. gemeinsam mit Michael Pilz und Valie Export, als Kameramann und Tonmeister bei verschiedenen Produktionen. Zugleich entwickelt er eigene Filmprojekte. Seit 1987 arbeitet er als unabhängiger Filmemacher in Wien und Grafenwörth und gründete 2009 die Produktionsfirma o.schmidererfilm.

Eine enge künstlerische Verbindung pflegte Schmiderer mit dem Salzburger Schriftsteller Bodo Hell, dessen Person und Texte für ihn eine große Inspirationsquelle waren. Bodo Hell gilt seit dem 11. August 2024 im Dachsteingebiet als vermisst und wurde von seinem Verlag seit 9. September als verschollen erklärt.

Mit dem Universalkünstler André Heller verbindet Schmiderer ebenfalls ein enges künstlerisches Band. So führten die beiden gemeinsam Regie bei Schmiderers wohl aufsehenerregensten Film Im toten Winkel über Hitlers Sekretärin Traudl Junge.Eine Zusammenarbeit der beiden war die Dokumentation über die Sopranistin Jessye Norman. Schmiderer dokumentierte Hellers Zirkusshow Afrika! Afrika! und näherte sich vor allem den Artistinnen und Artisten auf sehr intime Weise – so begleitete er sie etwa bei Besuchen in ihren Heimatländern. 2006 widmete Schmiderer seinem Weggefährten eine eigene Doku, das Künstlerporträt André Heller – Außer Konkurrenz.

Auch für seinen Film Voodoo Spirits – Die Kraft des Heilens (2010) war Othmar Schmiderer auf dem afrikanischen Kontinent unterwegs. „Ich habe zuvor sehr viel in Afrika gedreht, bin dort auch an meine Grenzen gestoßen und an die Frage gelangt, wie weit man letztlich trotz aller Reflektiertheit schnell in eine gar nicht intendierte postkolonialistische Rolle als Filmemacher:in gerät“, notierte Schmiderer damals. „In diesem Film wollte ich mich mehr damit auseinandersetzen, was im eigenen Umfeld, vor Ort ein sinnvolles und nachhaltiges filmisches Sujet sein könnte.“

Schmiderer stellte sich auch in seinen nachfolgenden Arbeiten immer wieder diese Frage der Nachhaltigkeit und dem scheinbar Selbstverständlichen. In seinem aktuellsten Film Die Tage wie das Jahr (2018) begleitet er über den Zeitraum von einem Jahr das Ehepaar Neuwirth, das im Waldviertel eine kleine Bio-Landwirtschaft betreibt. Alternative Lebensmodelle zeigte er auch schon über zwei Jahrzehnte zuvor in der Doku Am Stein (1996) mit Bodo Hell auf.

Vielfalt und Neugier in unterschiedliche Richtungen zeichnet Schmiderers filmisches Schaffen seit je her aus. An Echo from Europe war 1998 eine Doku über eine Tournee des Vienna Art Orchestra. Zehn Jahre zuvor hatte er für Josef Hauser – Klang und Raum beinen Uhrmacher und Bauern in einem Tiroler Dorf beobachtet. Dieser Eigenbrötler verfolgte über Jahrzehnte eine Vision, die Konstruktion einer Klangmaschine aus modifizierten Uhrwerken, die sphärische Glockentöne erzeugt, in einem Holzmodell eines gotischen Turms als architektonischen Entsprechung seines Klanggebildes. Höhepunkt des Films ist der Moment, in dem Josef Hauser nach jahrelanger Arbeit sein „Gesamtkunstwerk“ in Gang setzt.

Das Politische spielt oft hinein in Schmiderers Filme. Mit Stoff der Heimat hat er beispielsweise in Zusammenarbeit mit der Tiroler Volkskundlerin Elsbeth Wallnöfer 2011 Furore gemacht. Es geht um Tracht als Konstruktion von Identität und Heimat. Dirndl, Lederhose, Janker, Wadlstrümpf – an der Tracht scheiden sich die Geister. Doch Identität stiftet sie allen und allen bietet sie Heimat: der Modedesignerin, die englische Vorhangstoffe verarbeitet; der Künstlerin, die die Dirndl-Moschee erfindet; den Schuhplattlern und den Schützenvereinen. Zu Beginn des Films entdeckt Schmiderer die Bekenntniskleidung in der Ecke der konservativen Politik, die sie zu niederen manipulativen Zwecken einsetzt. Dort holt er sie sodann heraus und setzt zum Streifzug an. Quer durch die Milieus, quer durch die Geschichte, quer durch die Regionen.

Othmar Schmiderers Filme wurden auf zahlreichen internationalen wie nationalen Festivals gezeigt und ausgezeichnet. Im Herbst vorigen Jahres erhielt er vom Land Niederösterreich den Würdigungspreis für sein Lebenswerk. Einen Schmiderer-Schwerpunkt gab es vor zwei Monaten beim Filmfestival Radstadt. Das Kino zeigt in der Retrospektive nun nicht nur all jene Filme, in denen Schmiderer Regie führte, sondern auch die Filme, bei denen er etwa als Produzent oder Drehbuchautor tätig war. (Das Kino/dpk-krie)

Retrospektive Othmar Schmiderer. Salzburger Filmkulturzentrum Das Kino, 24. Februar bis 2. Februar – www.daskino.at
Bilder: Das Kino

 

 

 

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