Salzburger Miniaturen und das Größere

TODESFALL / KARL HEINZ RITSCHEL

07/01/19 Der Begriff „Oral History“ war noch nicht geprägt, aber für den Journalisten Karl Heinz Ritschel, über drei Jahrzehnte lang (1964-1995) Chefredakteur der Salzburger Nachrichten, war das Hinhören auf Leute, die etwas zu erzählen wussten, ja berufsbedingtes Hand- (also eigentlich Ohren-)Werk.

Seine Salzburger Miniaturen, in vier Bänden ab 1998 im Otto Müller Verlag erschienen, sind letztlich in Buchstaben gefasste Oral history - und deshalb bis heute ein lohnendes landeskundliches Panoptikum. Eben deshalb sind sie ja auch nicht makuliert worden, wie es älteren Büchern so oft geht, sondern der Verlag hat sie nach wie vor im Sortiment und zum Achtziger von Karl Heinz Ritschel sogar als Konvolut in einem Schuber aufgelegt.

In den letzten Jahren war es trotzdem sehr still geworden um Karl Heinz Ritschel, der am 5. Jänner im Alter von 89 Jahren verstorben ist. Er gehörte einer Generation von Journalisten an, die unmittelbar nach dem Krieg Österreichs Medienwelt wieder auf die Sprünge halfen – Hugo Portisch, Fritz Csoklich, Anneliese Rohrer, Franz Kreuzer, Gerd Bacher seien als Kollegen genannt. Als Chefredakteur folgte Ritschel auf René Marcic.

Salzburg-Themen waren ihm nicht nur in der journalistischen Arbeit und in den „Miniaturen“-Bänden ein Anliegen. Er sah sich immer auch als Meinungsbildner: Altstadtschutz, die Ansiedlung der Juridischen Fakultät in der Innenstadt, die Übersiedlung des Salzburg Museums ins Neugebäude der Residenz – Unternehmungen, die Ritschel zumindest angestoßen wenn nicht als journalistischer Lobbyist in erster Reihe mitgetragen hat.

1930 in Oberaltstadt im Riesengebirge geboren, studierte Ritschel Publizistik und Kunstgeschichte. In der Liste seiner Bücher findet sich manch Dokumentarisches zur Zeitgeschichte, etwa (schon 1966!) Diplomatie um Südtirol. Politische Hintergründe eines europäischen Versagens, oder Österreich ist frei. Der Weg zum Staatsvertrag 1945–1955 (1980). Ritschel hat auch ein biographisches Porträt des Staatsvertragskanzlers Julius Raab geschrieben. Salzburg. Anmut und Macht ist bei Zsolnay erschienen, wo auch das Buch Venedig. Königin der Adria herausgekommen ist (1969/1970). Seine letzte Buchpublikation waren Miniaturen zur Weltgeschichte (Otto Müller Verlag, 2007). (dpk-krie)

Bild: Otto Müller Verlag