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Neue Musik mit Eros und Thanatos

IM PORTRÄT / JOHANNA DODERER

29/05/18 Die österreichische Komponistin Johanna Doderer präsentierte unlängst eine neue Kammermusik-CD mit befreundeten Musikerinnen und Musikern im Klaviersalon Felix Verde in Wien (Schönbrunner Straße 25). Ein kleiner, feiner Konzertabend und ein erhellender Blick in ein Schaffen, welches einen wesentlichen Weg aus dem Dickicht der „Neuen Musik“ weist.

Von Gottfried Franz Kasparek

Johanna Doderer, geboren 1969 in Bregenz und, ja, die Großnichte des singulären Romanciers Heimito von Doderer, lebt in Wien und im Weinviertel und ist gerade dabei, ihre achte Oper zu schreiben, mit Peter Turrini als Librettisten, für das Staatstheater am Gärtnerplatz in München. Eben dort hatte 2016 die siebente, „Liliom“ nach Franz Molnár, Premiere. Das Stück wird nachgespielt, kommende Saison in Innsbruck. Davor gab’s, im großen Haus, mit Riesenerfolg die Kinderoper „Fatima“ in der Wiener Staatsoper.

Doch Johanna Doderer ist nicht nur eine beachtliche Musikdramatikerin. Sie schreibt auch Orchester-und Kammermusik von ganz eigenem Reiz. Als Schülerin von Beat Furrer und Erich Urbanner hat sie die serielle Avantgarde zwar im kleinen Finger, aber sie verlässt sich nicht darauf. Sie verwendet sie in würziger Dosierung. Im Zentrum ihrer Klangsprache steht die Erforschung und Erneuerung der „alten“, ohnehin nicht sterben wollenden Tradition, sei sie nun tonal, freitonal, atonal.

So finden sich auf der neuen CD, einem Livemitschnitt vom rührigen Kulturfest Traisental im Schloss Walpersdorf vom Juli 2017, virtuose und ganz ungeniert melodische Stücke für Klavierduo, interpretiert vom herrlichen Zwillingsschwestern-Duo Ferhan & Ferzan Önder. Ein Stück an die weibliche Sonne und ein „Traisental-Ländler“. So spielt das frisch akzentuierende junge Auner Quartett aus Wien das Streichquartett Nr. 5 „Mattsee“, welches im Oktober 2016 vom stadler quartett in der Mattseer Stiftskirche unvergesslich aus der Taufe gehoben wurde. Der Erfolg dieses Auftrags von Gemeinde und Diabelli Sommer war so groß, dass das atmosphärische, mit einer unvergesslich schönen Melodie und dramatischen Wasser-Spiegelungen in den Bann ziehende Werk im Sommer 2017 wiederholt werden musste. Schön, dass neue Musik auch von anderen Ensembles nachgespielt wird!

Für das brillante Duo Arcord, die Cellistin Ana Topalovic und den Akkordeonisten Nikola Djoric, entstand schon eine Reihe von Stücken wie „Break on Through“, welche die klanglichen Möglichkeiten der Instrumente durchaus ausreizen und mit harten Kontrasten nicht sparen. Doch die Dissonanz erfordert die Konsonanz. So ist die Musik Johann Doderers geprägt von oft kraftvoller, mitunter aggressiver Schärfe und warmen, leuchtenden, ja strahlenden Abschnitten, so verbinden sich eigenartige Melodik und energische Rhythmen zu einer originellen und neuen Sprache. Otto Brusatti schreibt im Booklet: „Es geht eben vor allem in Wellen dahin, Aufklärung und Verlauf, Eros und Thanatos“? Ja, bitte mit Rufzeichen! Wo Brusatti Recht hat, hat er Recht.

Die bei der Präsentation vom Auner Quartett und vom Duo Arcord gebotenen Kostproben machen Lust auf mehr. Die Lust kann befriedigt werden, mit bisher 3 CDs bei Capriccio – der neuen, „Music in My Life“, zwei weiteren mit Klaviertrios und Orchesterstücken wie der betörenden 2. Symphonie „Bohinj“ nach des Großonkels Roman „Die Wasserfälle von Slunj“. Mit Glück erwischt man am leider oft kurzlebigen CD-Markt auch das 1. Violinkonzert für und mit Patricia Kopatchinskaja und die 2010 für Erfurt entstandene Oper „Der leuchtende Fluss“. Vielleicht findet sich ja endlich einmal sogar in der Stadt Salzburg eine Institution, die sich der Seele und Geist fordernden und erfrischenden Musik der Johanna Doderer in größerem Maße annimmt.

www.doderer.at
Bild: Maria Frodl

 

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