Der Menschen gedenken, nicht der Jahreszahlen

SALZBURG 20.16 / FESTAKT

15/04/16 Am 14. April 1816 wurde der Vertrag von München geschlossen, mit dem Salzburg zu Österreich kam. Auf den Tag genau zwei Jahrhunderte später am Donnerstag (14.4.) in der Salzburger Residenz eine Festveranstaltung statt.

Für den musikalischen und künstlerischen Rahmen sorgten Sabina Hank, Benjamin Schmid, Hubert von Goisern, Thomas Riedler und Lukas Wagner, das Ensemble Blechlust des Mozarteumorchesters Salzburg, die Domkapellknaben und -mädchen und Jugendkantorei am Dom sowie Wolfram Paulus.

Haslauer: Festakt als Plädoyer für Selbstwert

„Wenn wir heute in diesem Festakt der 200-jährigen Zugehörigkeit Salzburgs zu Österreich gedenken, dann tun wir dies ohne Weihrauch, ohne Glanz und Glorie, ohne Huldigungsposen, aber mit einer gewissen Leichtigkeit, Fröhlichkeit und vor allem Dankbarkeit“, so Landeshauptmann Wilfried Haslauer. „Wie immer, so waren es auch in diesen zweihundert Jahren Menschen, die durch ihr Handeln Geschichte schreiben, die leben, leiden, hoffen, ertragen, dulden, auch selbst verursachen, neu anfangen, nicht aufgeben und oft auch gleichzeitig Opfer und Täter, Gewinner und Verlierer waren; und es waren die Frauen, die in der Geschichtsforschung zumeist unerwähnt das Leben geprägt und oft auch das Überleben erst ermöglicht haben.“ Denen widme man das Jubiläum, „und nicht den Jahreszahlen, nicht den Herrschenden, nicht den Staatsformen und schon gar nicht den kriegerischen Ereignissen“.

Der Festakt sei, so Haslauer, „vor allem ein Plädoyer für Selbstwert, weniger für Selbstbewusstsein und schon gar nicht für Selbstgefälligkeit“. Das Jubiläum sei „vielleicht eine gute Gelegenheit darauf hinzuweisen, dass diese gar nicht so kleine Republik im Herzen Europas aus der Buntheit ihrer neun Bundesländer besteht, mit all ihren Unterschiedlichkeiten, ihren geschichtlichen, sozialen, kulturellen Besonderheiten, die ein vielfärbiges und doch harmonisches Gesicht haben. Sie leben, was den emotionalen Erfolg von Demokratie ausmacht: Nähe.“

„Salzburg war immer schon ein Land der Vielfalt: in landschaftlicher und auch in kultureller Hinsicht“, sagte Bundespräsident Heinz Fischer. Im gesamtösterreichischen Vergleich ist Salzburg heute eines der wohlhabendsten Bundesländer, habe es in seiner Geschichte auch bittere Armut kennengelernt. „Die Gründung der Salzburger Festspiele, aber auch der Bau der Großglocknerstraße verfolgten mehrere Ziele, zu denen aber auch das Bemühen zählte, der sozialen und ökonomischen Krise entgegenzuwirken und neue Horizonte in kultureller und touristischer Hinsicht zu öffnen.“

Geschichte sei eine von fremder Hand dargebotene Chimäre, so Festredner Sven-Eric Bechtolf (dazu deie Rede im Wortlaut). Ist Geschichtsschreibung letztlich das Werk von Dichtern, das dem Ziel dient, ihr einen Sinn zu implizieren? „Gewiss aber befinden wir uns, wie alle, die vor uns waren und alle, die nach uns kommen, unter der Tyrannei des immer andauernden und blinden Jetzt. Dieses Immerjetzt strecken wir zu einer Zeitspanne, die man später eine Epoche nennen wird und richten uns darin ein. So wie wir der Geschichte Sinn zu geben versuchen, um von ihr Sinn zu erfahren, so wie wir eine Persönlichkeit ausbilden, um der inneren und äußeren Welt zu begegnen, so geben wir zu diesem Zweck auch einem bestimmten Raum Vorrang über alle anderen möglichen Räume und nennen ihn Heimat.“ Heimat sei der seltsame Versuch, das Andere zu erfassen, indem man es exkludiert. (Landeskorrespondenz/dpk)

Der Videofilm des Landes zum Jubiläumsfestakt
Bilder: LMZ/Neumayr/MMV
Zum Wortlaut der Festrede von Sven-Eric Bechtolf
Geschichtsschreibung – das Werk von Dichtern