Bildung ist keine Ermessenssache

 

SOLIDARNETZ SALZBURG / BILDUNG – KULTUR – SOZIALES

14/10/15 „Man ist ja schon so dankbar, wenn nicht gekürzt wird, dass man kaum mehr den Mund aufmacht. Dabei weiß jeder, dass es weniger wird, wenn es gleich beleibt.“ Nicole Slupetzky von der Salzburger Arbeitsgemeinschaft Erwachsenenbildung: „Das Budget für Erwachsenenbildung ist auf dem Stand von 1990 bei deutlich mehr Aufgaben.“

Von Heidemarie Klabacher

Das „Solidarnetz Salzburg Bildung-Kultur-Soziales“ besteht seit zwei Jahren und repräsentiert Institutionen und Vereine aus diesen Bereichen und aus dem Bereich Arbeitsmarkt. Heute Mittwoch (14.10.) präsentierte das Solidarnetz im Rahmen der „Aktionstage gegen Armut 2015“ seine Halbzeitbilanz der Salzburger Landesregierung.

Bildung? „Seit 1990 sind die Mittel eingefroren. Aber die Herausforderungen sind gestiegen, weil man auf die sich ständig verändernden politischen Situationen reagieren muss“, sagt Nicole Slupetzky von der Salzburger Arbeitsgemeinschaft Erwachsenenbildung. Nötig in der Erwachsenenbildung sei erfahrendes Personal, das in stabilen Strukturen aktuelle Angebote entwickeln könne. Tatsächlich aber betrieben „viele Einrichtungen bereits seit langem Mangelverwaltung“. Nicole Slupetzky fordert daher „weg von der Projektförderung, zurück zur Strukturförderung“: „Durch eine Anhebung von zumindest fünf Prozent der Strukturförderung können die realen Rückgänge der letzten beiden Jahre kompensiert werden.“ Nur so sei eine Stabilisierung und Weiterentwicklung der „regulären“ Erwachsenenbildung möglich.

Tatsächlich flössen die ohnehin knappen Mittel immer stärker in den Bereich „Basisbildung“, wie etwa das Nachholen von Pflichtschulabschlüssen. „Die Aufmerksamkeit und der Mitteleinsatz für die angestammte Klientel der Erwachsenenbildung bleiben punktuell auf der Strecke“, warnt die Vize-Direktorin und Pädagogische Leiterin der Salzburger Volkshochschule. Das wiederum könne dazu beitragen, „jenen argumentativ zuzuarbeiten, die in den aktuellen Migrationsbewegungen primär eine Gefahr sehen und Verteilungsängste schüren“. Eine Ausweitung der Projektmittel für die Bewältigung der aktuellen Migrationsbewegungen – unter einem entsprechenden Titel – sei daher unabdingbar, betont Nicole Slupetzky.

Eine weiter Folge der Geldnot: Wenn Bildungseinrichtungen sich immer mehr am Markt orientieren müssen, führe das zu hohen Kursbeiträgen, die sich wiederum nicht alle leisten könnten... Wichtig sei aber auch die Möglichkeit zur sinnvollen Nachbetreuung von Teilnehmern an Basisbildungskursen, damit nicht nach dem Kurs das Gelernte bald wieder verloren gehe... Viele offente Baustellen also. „Von allen hört man, wie wichtig Bildung ist. Auch die Salzburger Landesregierung hat sich die Bildung auf die Fahnen geschrieben.“ Umso absurder sei es, dass ‚geistige Bildung’ eine Ermessensausgabe sei, ‚musikalische Bildung’ dagegen eine Pflichtausgabe.

Dennoch ließen sich die einzelnen Bereiche „nicht gegeneinander ausspielen“, betonen Nicole Slupetzky und Thomas Randisek vom Dachverband Salzburger Kulturstätten. „Wir sind ein Solidarnetz. Die Dinge gehören zusammen: Wenn jemand man aus dem Arbeitsleben heraus und in die Armut rutscht, sind viele Dinge nicht mehr möglich und leistbar.“

Kultur? Positiv vermerkt - in der ersten Hälfte der Regierungszeit der aktuellen Landesregierung - hat Thomas Randisek vom Dachverband Salzburger Kulturstätten die Bündelung der Kulturagenden in der Hand von Kulturlandesrat Heinrich Schellhorn und die akzeptable „Zwischenlösung“ für ein Kulturhaus im Lungau.

Offene Kulturbaustellen seien dagegen noch immer die Erstellung und Umsetzung eines „Kulturleitbildes“, die dringende Reform des Landeskulturbeirates und eine Reform der „Kulturberichtslegung“, also der Offenlegung von Subventionen und Förderungen. „Rückschläge“ habe es gegeben bei der Einführung mittelfristiger Fördervereinbarungen und bei der Forderung nach einer „öffentlichen und zeitnahen“ Ausschreibung von Führungspositionen.

Dass das Kulturbudget (1,51 Prozent des Gesamtbudgets) und davon wiederum besonders das Budget für die „Freie Kultur“ beim Land Salzburg zu niedrig seien, kritisiert der „Dachverband“ seit Jahren. Dass ein Gleichbleiben der Förderungen und Subventionen real einer Kürzung entspricht, ist ein zentrales Rechenproblem in allen vier Bereichen des „Solidarnetzes“.

Soziales? Arbeit? „Lieber ein negatives Budget, als ein Arbeitsloser mehr.“ Bruno Kreisky hat das einst gesagt und es ist lange her. Die heutige Politik im Bundesland Salzburg scheine ganz auf „Nulldefizit“ zu setzen – und auch das könnte teuer werden: „Armut reduzieren, wäre unser Ziel, nicht Schulden vermeiden um jeden Preis“, sagt Robert Bruggler von der Salzburger Armutskonferenz. Jeder Euro heute in „Soziales“ oder „Bildung“ investiert, helfe Kosten vermeiden in zehn Jahren.