Der Erfolg hat viele Mütter

HINTERGRUND / STRASSENNAMEN

21/02/13 Künftig werden mehr Verkehrsflächen in der Stadt nach Widerstandskämpfern und nach Frauen benannt. Alte Nazis als Patrone sind weniger gefragt, Benennungen werden „überprüft“. Das beschloss der Kulturausschuss heute Donnerstag (21.2.)

Von Reinhard Kriechbaum

Die VP-Gemeinderätin Marlene Wörndl hat dieser Tage in einer Presseaussendung den Umstand, dass man künftig ein wenig besser auf die Frauenquote bei Straßenbenennungen in Salzburg achten werde, für sich reklamiert. Außerdem hat sie da geschrieben, dass der Kulturausschuss eben dieses heute, Donnerstag, beschließen werde.

Das hat prompt zwei Geschlechts- und Politik-Genossinnen in Rage gebracht: Dagmar Aigner (SPÖ) hat daraufhin begründete Bedenken geäußert, dass Wörndl den Beschluss schon zu einem Zeitpunkt verkündet hat, bevor die anderen auch nur die Tagesordnung der Sitzung zu Gesicht bekommen hatten. Aber sie freue sich, wenn die Stadt-ÖVP den Bürgermeister und die Kulturabteilung unterstütze, „geht es dabei doch darum, die Richtlinien zur Benennung von Verkehrsflächen auf den neuesten Stand zu bringen und die jahrelange Praxis, Frauen bei Benennungen zu bevorzugen, nun auch zu verschriftlichen.“ Dagmar Aigner verwies auf Straßenbenennungen in jüngster Zeit: Irma-v.-Troll-Straße, Josepha-Duschek-Straße, Trude Engelsberger-Weg, Harriet-Walderdorf-Weg, Maria-de-Posz-Weg, Rosa-Kerschbaumer-Straße, Ulrike-Gschwandtner-Straße, Inge-Morath-Platz.

Seitens der Bürgerliste hat Ingeborg Haller einen anderen Gesichtspunkt eingebracht. Der Bürgerliste war und ist es vor allem ein Anliegen, bei Straßenbenennungen vorrangig Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfer sowie Opfer des NS-Regimes zu berücksichtigen.

Und, wie ist die Sache also heute Donnerstag (21.2.) bei der Kulturausschusssitzung gelaufen? Tatsächlich waren alle für die neuen Richtlinien, und das ist sehr gut so. Auf Initiative der Bürgerliste wird auch die Umbenennung von Straßen geprüft, die nach Nationalsozialisten benannt sind. Da ist der Nazi-Bildhauer Josef Thorak genau so ein rotes Tuch wie Heinrich Damisch. Letzterer war Kulturredakteur der "Deutsch-Österreichischen Tageszeitung" (DÖTZ), des gefürchteten Kampfblattes der frühen Hitlerbewegung. Bei der Gründung der Salzburger Festspiele hatte er ein Wörtchen mitzureden. Deshalb hat er 1965 ungeachtet seiner damaligen politischen Einstellung die Goldene Medaille der Stadt Salzburg bekommen. Und eben ein Straßen-Patronat.

Zur stadt-geographischen Frauenquote: Da sieht BL-Gemeinderätin Barbara Sieberth jetzt die Chance „eine eklatante Schieflage zu korrigieren.“ Drei Prozent der Verkehrsflächen sind nach Frauen, 46,3 Prozent nach Männern benannt. Konkret steht es 34 zu 529 bei den Straßenbenennungen.

Knapp über fünfzig Prozent der Plätze, Straßen, Gassen, Wege und brücken tragen ja andere Namen. Es sind so fantasielose sind darunter wie „Domplatz“, „Getreidegasse“ oder „Alter Markt“. Wirklich in die Höhe schnellen wird die Frauenquote auch in Zukunft nicht, sieht man auf die aktuelle Vorschlag-Liste aus dem Haus für Stadtgeschichte. Aber immerhin zeigt sich ein leichtes Frauen-Übergewicht.

Wer wird als nächstes drankommen bei Straßenbenennungen, laut der von Sabine Veits-Falk ausgearbeiteten Liste? Das Ehepaar Anna und Anton Reindl war im Widerstand gegen das NS-Regime tätig, Josef Reischenböck, Direktor der HS Haydnstraße, wurde von den Nazis hingerichtet. Auch die Malerin Helene von Taussig wurde NS-Opfer. Marie Andeßner war Reiseschriftstellerin, Marie Mösner Harfenvirtuosin, Barbara Krafft Porträtmalerin, Maria Johanna Sedlmaier Schriftstellerin und Lehrerin, Alja Rachmanowa Schriftstellerin, Hilde Heger Bildhauerin und Irma Rafalea Toledo Malerin. Erzbischof Karl Berg steht ebenso auf der Liste wie der Wirtschafts-Philosoph Leopold Kohr. Schließlich sollte man auch Martha Weiser, der ersten Salzburger Stadträtin, durch eine Wegbenennung gedenken. Lebende Leute sollen nicht zu Straßenehren kommen, das ist beschlossene Sache.