asdf
 

Aber es ist mir nicht egal

BASISBILDUNG / abc-SALZBURG

26/05/11 So und soviel Prozent der Jugendlichen - je nach Pisa-Jahr - können nicht Sinn erfassend lesen. Eine Schande für Politik und Gesellschaft. Was aber ist mit jenen zwanzig- bis fünfzigtausend Erwachsenen in Österreich, die seit zehn, zwanzig, dreißig Jahren keine Zukunft haben, weil sie schon „damals“ in der Schule nicht richtig lesen und schreiben gelernt haben? Für sie engagiert sich in Salzburg seit zwölf Jahren Brigtte Bauer vom Basisbildungszentrum abc-Salzburg - seit heute Donnerstag (26.5.) in neuen Räumen in der Lastenstraße 22.

Von Heidemarie Klabacher

„Beim Arzt, im Krankenhaus, im Berufsleben, immer wieder kommt man in Situationen, wo man vor anderen schreiben muss - und dann traut man sich nicht. Die Fehler könnten einem ja auch egal sein, auch, was die anderen Leute von einem denken. Aber es ist mir nicht egal.“

Sie könne schon lesen und schreiben, "so ist es nicht“, erzählt abc-Kursteilnehmerin Caroline O. Aber sie mache viele Fehler, etwa bei der Groß- und Kleinschreibung oder bei D/T und B/P. Sie wäre gerne Schneiderin geworden, habe aber die Sonderschule besucht und hatte keine Chance auf einen Ausbildungsplatz. „Wenn man drauf kommt, ist es zu spät. Und so schwindelt man sich durchs Leben. Jetzt erst komme ich weiter“, sag Frau O. Schon vor zehn Jahren habe sie im Fernsehen von „der Frau Bauer“ und den abc-Kursen gehört, habe dann nichts über das Angebot gefunden, „aber auch gar nicht gesucht“: „Die Kinder waren zu klein, die Arbeit zu viel. Es gab immer genug Ausreden.“

altTatsächlich brauchen die meisten Betroffenen oft zwei, drei Jahre Anlauf, bis sie es wagen, Hilfe zu suchen, berichtet Brigitte Bauer, die Initiatorin und Geschäftsführerin des Basisbildungszentrums abc: „Meist warten sie so lange, bis der Druck so groß es, dass es einfach nicht mehr geht.“ Das sei oft nach Brüchen im Leben wie Tod des Ehepartners oder Scheidung. Meist jedenfalls, wenn die Person, die für die Betroffenen die „schriftliche Seite des Alltags“ regelt, wegfällt.

Männer und Frauen hielten sich in den Kursen die Waage, so Bauer. Den Männern, die im abc Hilfe suchen, ginge es häufig um Arbeitsplatzerhaltung. Für die Frauen sei es oft ein Einschnitt, wenn die Kinder in die Schule kommen: „Sie wollen ihren Kindern ihr Schicksal ersparen, wollen ihnen in der Schule und bei den Aufgaben helfen, trauen sich aber nicht, weil sie ihnen nichts Falsches sagen wollen“, erzählt Brigitte Bauer. Der erste Schritt ins Basisbildungszentrum ist tatsächlich schwer: „Es ist noch immer ein Stigma.“  

„Ich bin froh, dass ich es gemacht habe. Ich würde es jedem empfehlen.“ Am Anfang habe sie beim Schreiben gezittert, „auch wenn nur der Trainer da war“, erzählt Caroline O. Sie hat im Frühjahr vergangenen Jahres im abc mit dem Einzelunterricht angefangen und habe jetzt wöchentlich zwei Stunden Unterricht in einer Sechsergruppe, „plus zwei Stunden Computer und Hausaufgaben“.

„Basisbildung bedeutet nicht nur Alphabetisierung“, betont Brigitte Bauer. „Viele Menschen haben Kenntnisse, wissen aber, dass sie extrem viele Rechtschreibfehler machen.“ Da die Probleme der Kursteilnehmerinnen und Kursteilnehmer ganz unterschiedlich sind, sei auch das Kursprogramm maßgeschneidert und beginne mit Einzelunterricht.

altStadt und Land Salzburg hätten die Arbeit des abc seit 1999 immer stark unterstützt, jetzt aber habe es einen Quantensprung gegeben. Die Zusagen aus der Politik in den letzten sechs Tagen hätten sie „beflügelt“, erzählt eine strahlende Brigitte Bauer. Der Verein abc erhält vom Land Salzburg zur Basissubvention von 45.000 eine zusätzliche Subvention in der Höhe von 80.000 Euro, berichtete Landeshauptfrau Gabi Burgstaller, die bei der Präsentation der neuen abc-Räumlichkeiten in der Lastenstraße 22 anwesend war. Außerdem kooperieren das Basisbildungszentrum abc und die Volkshochschule Salzburg künftig bei der Ausbildung von Trainerinnen und Trainern. „Die Erweiterung des Kursangebotes durch die Volkshochschule wurden für die Jahre 2010 und 2011 mit zusätzlichen 40.000 Euro durch das Land Salzburg unterstützt", so die Landeshauptfrau. Die Stadt Salzburg, bei der Pressepräsentation vertreten durch Vizebürgermeister Martin Panosch, hat für die Adaptierung der neuen Räume 30.000 Euro zugeschossen.

„Endlich ist Basisbildung kein randständiges Thema mehr, sondern Teil der Erwachsenenbildung“, so Brigitte Bauer. „Endlich haben wir auch Chance auf mittelfristige Förderung. Vielleicht ist eine Einrichtung, wie die unsere in zwanzig, dreißig Jahren nicht mehr nötig...“

Der erste Schritt zu Hilfe und Unterstützung war schon für viele Betroffene das Alfa-Telefon 0699 1010 2020 - www.abc.salzburg.at
Bilder: dpk-klaba

 

DrehPunktKultur - Die Salzburger Kulturzeitung im Internet ©2014