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Kürbisse, Geister, Trauerräume

STICH-WORT

31/10/22 Das amerikanische Kinderfest Halloween hat sich bei uns – obwohl es im Handel nicht fehlt an einschlägigen Verkleidungs-Angeboten – noch nicht flächendeckend durchgesetzt. Hierzulande ist Halloween eher ein Party-Event für mehr oder weniger junge Erwachsene. Kürbisse, Geister – schiach und gut. Aber da war noch etwas...

Von Reinhard Kriechbaum

Halloween-Party und abtanzen ist cooler, als Friedhofs-Steherei und abwarten, bis ein Priester segnend durch die Gräberzeilen zieht. Letzteres ist gerade in einer Zeit rapide abnehmender kirchlicher Bindung sogar ganz außergewöhnlich uncool. Und doch: „Das Angebot an Trauerräumen rund um Allerheiligen hat in der Erzdiözese deutlich zugenommen“, sagt Sebastian Schneider, stellvertretender Seelsorgeamtsleiter der Erzdiözese Salzburg. „Auch weil Menschen oft keine anderen Orte haben, kein Grab und keine Gedenkstätte, an denen sie trauern können – zum Beispiel, weil die verstorbene Person weit weg gelebt hat“.

Das mit den Grab-Orten ist ja so eine Sache. Unterdessen ist das Verbrennen üblicher als die traditionelle Erdbestattung, und damit hat auch das Verstreuen der Asche rapide zugenommen. Wer wollte nicht eins sein mit der Natur? Hier trifft sich tief sitzendes Öko-Defizit mit allerlei esoterischem Gedankengut. Wer in Wien Asche eines Hinterbliebenen in die Donau streuen lässt, bekommt ein Zertifikat mit den Koordinaten. Ob da die Fluss-Strömung mitkalkuliert ist?

Jedenfalls scheint es wichtig, einen konkreten Ort zum Trauern zu haben. Das steht hinter dem Angebot an Trauerräumen, mit dem nicht nur die katholische Kirche eben auf verstärkte Nachfrage reagiert.

„Voller Erfolg beim Tag der offenen Tür Friedhöfe“ titelt das InfoZ, die Pressestelle der Stadt Salzburg. Natascha Herbst, Leiterin der städtischen Friedhöfe über dieses Angebot am vergangenen Samstag (29.10.): „Es freut mich besonders, dass so viele Menschen die Schönheit unserer Friedhöfe erleben konnten. Es ist uns wichtig, eine Atmosphäre zu schaffen, in der sich Hinterbliebene ihrer Trauer ungestört hingeben können. Gleichzeitig sollen alle Friedhofsbesucher das einzigartige Ambiente als Oase der Ruhe und Natur inmitten der Stadt erleben dürfen.“

Allerheiligen ist ein guter Termin für dies- und jenseitiges Fact-Shooting. Im Gemeindegebiet der Stadt Salzburg gibt es sechs Friedhöfe unter städtischer Verwaltung: Kommunalfriedhof, Aigen, Gnigl, Maxglan, Morzg und Sebastiansfriedhof mit insgesamt 340.000 Quadratmetern.

257 Erdbestattungen standen im Vorjahr 1.039 Urnenbeisetzungen gegenüber. Die 92 „halbanonymen“ Beisetzungen im Baumhain und die hundert „anonymen“ Beisetzungen lassen vermuten, dass diese Form bald an die Zahl der Bestattungen im konventionellen Sarg herankommen oder sie gar überholen wird.

Bemerkenswert: 39.200 Grabstellen stehen derzeit nur 23.254 aktuelle Benutzungsrechte gegenüber. Es ist in Salzburg also unvergleichlich leichter, ein Grab zu finden als eine Wohnung. A propos Wohnung: Viele Menschen legen ihr Geld in Vorsorgewohnungen an. Auf den städtischen Friedhöfen gibt’s derzeit 111 Vorsorgegräber.

Auf dem Kommunalfriedhof findet die Gräbersegnung am 1. November um 15 Uhr statt. Die Termine und Öffnungszeiten für Trauerräume in der Erzdiözese Salzburg – www.eds.at/trauer
In der Emmauskapelle von St. Virgil findet am 9. November um 18 Uhr ein ökumenischer Gottesdienst für Menschen statt, die jemanden durch Suizid verloren haben, danach wird das Buch „Notizen an Tobias“ von Golli Marboe vorgestellt – www.residenzverlag.com
Wer es leichtgewichtiger haben möchte: Das Buch „Schluss – mit Lustig“ von Patrick Budgen bietet viele kuriose Geschichten rund um Begräbnisse, die der Autor von Wiener Bestattern erfragt hat und mit einem guten Schuss Ironie und Fabulierlust erzählt – www.edition-a.at
Bilder: dpk-krie

 

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