Ein Riesenschritt auf Fair Pay zu

HINTERGRUND / KULTURPOLITIK / ENTLOHNUNG

04/10/21 Eine Arbeitsgruppe hat erhoben, wie viel „Fair Pay“ im Kulturbereich im Land Salzburg konkret kostet, sprich: Wie viel die Fördergeber dafür an Zuschüssen leisten müssten. Die Zielvorstellung: 2025 soll es so weit sein – zumindest für jene Leute, die in von der öffentlichen Hand geförderten Einrichtungen tätig sind.

Es soll also ein Etappenplan umgesetzt werden. Von einer „schrittweisen, transparenten und solidarischen Annäherung an Fair Pay“ ist die Rede. Es geht dabei wohlgemerkt um Kulturvereine und Institutionen, die ohnedies im Förderfokus liegen. Vorerst also noch nicht über freischaffende Künstler und Kulturarbeiter, über die noch zu reden sein wird. Aber auch sie „sollen in den kommenden Jahren fair entlohnt werden und bessere Arbeits- und Produktionsbedingungen in Salzburg vorfinden“, hieß es in einem Pressegespräch des Landes heute Montag (4.10.).

Es fehlt ja nicht an Umfragen zum Thema, regionaler und überregionaler Art. 2013 wurde beispielsweise ministeriell erhoben, dass überhaupt nur die Hälfte des Kulturpersonals von Vereinen entlohnt wird. Nur vier (!) Prozent der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben eine Vollzeitstelle, weitere zehn Prozent arbeiten Teilzeit. Sonst erfolgt die Entlohnung hauptsächlich über Werkverträge. Das ist nicht nur sozialrechtlich bedenklich.

Dass sich im Laufe der letzten Jahre wenig an der Situation geändert hat, bestätigt die Studie zur „Sozialen Lage der Kunstschaffenden und Kulturvermittler*innen“, die 2018 im Auftrag des Bundeskanzleramtes evaluiert wurde. Allgemein kommt man hier zum Schluss, dass der „Lebensstandard von Kunstschaffenden und Kunst- und Kulturvermittler*innen im Vergleich zu anderen Bevölkerungsgruppen deutlich nachteilig ist: Gut ein Drittel kann der einkommensschwachen Gruppe zugerechnet werden und muss damit als armutsgefährdet gelten“. Verdeutlicht wird dies anhand der Zahlen im Allgemeinen Einkommensbericht 2018. Der Kunstbereich rangiert hier unter 18 Kategorien an vorletzter Stelle, bei einem mittleren Bruttojahreseinkommen von knapp über 20.000 Euro.

Auch der Dachverband Salzburger Kulturstätten hat mit Stichtag Dezember 2019 eine salzburgweite Umfrage bei den Kultureinrichtungen durchgeführt und die Differenz zwischen der derzeitigen Entlohnung der Mitarbeiter und der Einführung einer Entlohnung nach dem Schema Fair Pay (einem informellen Kollektivvertrag) erhoben. Er kommt dabei auf eine Summe von 2,3 Millionen. Nicht berücksichtigt sind hierbei selbstständige Kunstschaffende, die eine gerechte Entlohnung ihrer Arbeit beispielsweise über festgelegte Honoraruntergrenzen anstreben.

Eine Arbeitsgruppe hatte sich zueletzt drangemacht, konkrete Schritte auszuarbeiten. In einem ersten Schritt ging es um unselbstständig Angestellte in der Branche. Als Grundlage diente eine Datenerhebung im Sommer 2021, die sich an Einrichtungen mit mehrjährigen Fördervereinbarungen (mit dem Land Salzburg) richtete. Da gibt es einerseits Einrichtungen, die Fair Pay aktuell erfüllen (wenige sogar „übererfüllen“), andererseits gelingt das mancher Einrichtung nur zu 35 Prozent.

„Um die Anhebung der Löhne, Gehälter und Honorare im erforderlichen Ausmaß zu ermöglichen, bedarf es einer gemeinsamen Kraftanstrengung von Akteuren aus Politik, Verwaltung und Kultur“, so Heinrich Schellhorn in einem Pressegespräch heute Montag (4.10.). Schließlich gehe es nicht nur – wirtschaftlich – um das Sichern von Arbeitsplätzen und – sozialpolitisch – zu einer Reduktion von prekären Arbeits- und somit auch Lebenssituationen. „Kulturpolitisch geht damit eine Investition in die Qualität von künstlerischer Produktion und Kulturarbeit einher“, so Schellhorn.

Wieviel Geld ist also konkret aufzubringen um Fair Pay bei den geförderten Kultureinrichtungen im Land Salzburg umzusetzen? Wollte man alle Einrichtungen auf wenigstens sechzig Prozent vom Einkommens-Ziel anheben, brauchte es bloß Peanuts, nämlich 99.710 Euro. Logischerweise steigt die Kuve exponentiell, je näher man der Hundert-Prozent-Marke kommen möchte: 242.088 (bei 70Prozent), 691.080 (80 Prozent), 1,5 Millionen (90 Prozent). 2,5 Millionen Euro wären es, wenn in allen vom Land geförderten Einrichtungen alle ordentlich verdienen sollten.

Nun fasst man also eine Anhebung der Gehälter durch Zuschüsse in einem Vierjahres-Zeitraum ins Auge. Dies nach dem durchschnittlichen Förderverhältnis zwischen Land (40 Prozent), Stadt/Kommunen (40 Prozent und Bund (20 Prozent). Die vier Jahre zusammengerechnet, fielen also fürs Land 1,15 Millionen Euro an, für die Stadt Salzburg und die Gemeinden 900.000 Euro, für den Bund 450.000 Euro. Auch keine unerschwinglichen Summen.

Was der Arbeitsgruppe wichtig ist: Bei der Einkommenshöhe sollte man von Bruttogehältern (14 Mal) auf Basis einer 38-Stunden-Woche ausgehen, nicht von einem Mindestbruttogehalt für 35 Stunden. Vordienstzeiten gehörten berücksichtigt und schließlich ist auch die Valorisierung ein nicht unwesentliches Thema: Die Gewerkschaft für Privatangestellte veröffentlicht für Arbeitende in Vereinen jeweils aktuelle Zahlen dazu. Letztlich gibt aber die IG-Kultur das Richtmaß vor, weil ja viele Beschäftigungsverhältnisse in der Kultur nach Kriterien aus der Wirtschaft nicht abzubilden sind.

Grundsätzlich legen aber die Kulturvereine und -Institutionen die Gehälter für ihre Mitarbeiter fest. Wer Zuschüsse für die gerechte Entlohnung für ihre Mitarbeiter anstreben, muß die jeweiligen Beträge gegenüber dem Fördergeber begründen. In diesem Zusammenhang auch nicht unwesentlich: Neue unbefristete sowie neue befristete Dienstverhältnisse (ab zwölf Monaten) sind zwingend öffentlich auszuschreiben.

Wie es nun konkret weiter geht auf Landesebene? Derzeit werden mit rund vierzig Einrichtungen mittelfristige Ziel- und Fördervereinbarungen abgeschlossen, die die Beiträge des Landes zum Jahresprogramm und für Fair-Pay ausweisen. „Natürlich gilt die Fördersystematik auch für alle jene Einrichtungen mit Angestellten, die über keine mehrjährigen Fördervereinbarungen mit dem Land verfügen“, betonte Schellhorn im heutigen Pressegespräch.

Schellhorn kündigte an, dass „mit der gleichen Aufmerksamkeit und Kraftanstrengung“ nun auch jene Bereiche angegangen werden sollen, in denen selbstständige Kulturarbeiter und Kunstschaffende tätig sind. Auch hier soll es in den nächsten Jahren zu Verbesserungen kommen, sei es im Bereich der Entlohnung, der Infrastruktur oder durch die Einführung neuer Förderprogramme. Es werde bereits dran gearbeitet. Aufgrund der vielen Sparten und deren Eigenheiten sei mit einem Abschluss dieses Projektes Mitte 2022 zu rechnen. (Landeskorrespondenz/dpk-krie)

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