„Genügend“ sollte Glück genug sein
INTERNATIONALE PÄDAGOGISCHE WERKTAGUNG
17/07/21 Ökosteuer her, Parkplätze weg: Bei der abschließenden Podiumsdiskussion in der Großen Aula der Universität Salzburg versammelten sich Impulsgeberinnen und Impulsgeber, die mit den rund 250 Teilnehmenden an der Internationalen Pädagogischen werktagung darüber diskutierten, wie sich ein nachhaltiger Lebensstil tatsächlich gestalten ließe.
„Solange Parkplätze in den Städten da sind, nutzen die Menschen sie auch. Sind sie weg, dann steigen die Leute um, auf Fahrräder oder Öffis“, sagte die 15 Jahre alte Fridays-For-Future Aktivistin Lena Müller aus Seekirchen. Die junge Frau plädiert dafür, bei den Bürgerinnen und Bürgern das Bewusstsein für den Klimaschutz noch intensiver anzukurbeln und noch stärker auf die Politik einzuwirken. „Wenn nur ich auf mein Fahrrad steige, bringt das wenig Effekt. Wenn aber eine ganze Stadt radfreundlich wird, tut sich was“, argumentiert sie.
Für die Besteuerung von Klimaschädlichem plädierte der Moraltheologe Michael Rosenberger. „Was an Ökosteuer eingenommen wird, soll aber auch für soziale Zwecke ausgegeben werden, um Gerechtigkeit herzustellen“, fordert er. Spar-Pressesprecherin Nicole Berkmann erklärte, dass Nachhaltigkeit auch einen guten Umgang mit Ressourcen bedeute. „Ein Gesetz gegen Lebensmittelverschwendung – wie etwa in Italien – brauchen wir in Österreich nicht“, so ihre Meinung. Warum? „Weil sowohl Spar als auch unsere Mitbewerber seit etlichen Jahren übrige Lebensmittel an Sozialorganisationen abgeben, und zwar flächendeckend im ganzen Land.“
Mit „Inputs für eine spirituell-ökologische Lebenshaltung“ des Sozialpädagogen und Priors des Europaklosters Gut Aich, Pater Johannes Pausch, ging die heuer dreitägige 69. Internationale Pädagogische Werktagung am Freitag (16.7.) Freitagmittag zu Ende. Zuvor sprach der Linzer Moraltheologe und Umweltreferent Michael Rosenberger „von Mühen und Glück des Verzichts“ und „Suffizienz als Schlüssel zur Nachhaltigkeit“. Die bisherige Umweltpolitik der meisten Demokratien erschöpfe sich weitgehend in Verordnungen und Subventionen, so Rosenberger. Alternativ stünde neben der Mengenlösung des Emissionshandels als zweites Instrument die sogenannte Abgabenlösung zur Verfügung, also eine Ökosoziale Steuerreform. „Theologisch-ethisch gesehen geht es dabei erstens um eine Wertentscheidung: Der spirituelle Wert der Schöpfung als Leih-Gabe des Schöpfers an seine Geschöpfe muss im System der Ökonomie in Geldwerte übersetzt werden. Denn was dort nichts kostet, ist nichts wert. Und zweitens muss der Gewissensappell der Ethik durch die ökonomischen Belohnungs- und Bestrafungssysteme gestützt statt konterkariert werden. Es wäre eine hoffnungslose Überforderung, aus ethischen Gründen von den Menschen ein Handeln zu verlangen, das ökonomisch bestraft wird“, erläutert der Moraltheologe.
Schließlich plädierte Rosenberger für Verzicht und Genügsamkeit, die „nachhaltiges Glück“ ermöglichen, denn eine rein extrinsische Motivation über das Geld ist auf Dauer genau so wenig nachhaltig wie eine rein intrinsische Motivation über die Faszination an und Liebe zur Schöpfung. Rosenberger bezog sich auf die Umwelt-Enzyklika „Laudato si“ von Papst Franziskus. Dieser spreche meist von „Genügsamkeit“. Das sei „ein Gedanke, der der modernen Leistungsgesellschaft diametral entgegengesetzt ist“, so Rosenberger. Abschließend betonte der Experte: „Wenn wir den Verzicht als Glück erfahren wollen, müssen wir uns von diesem arroganten und zerstörerischen Denken verabschieden, nur das Beste, also die Note ‚sehr gut‘ sei genügend. ‚Genügend‘ ist genug – es reicht zum Glück des Lebens vollkommen aus.“
Andreas Gutenthaler, Direktor des Katholischen Bildungswerks Salzburg nach der 69. Internationalen Pädagogischen Werktagung: „Wir sind überglücklich, dass diese Tage hier live mit unseren rund 250 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus dem deutschsprachigen Raum stattfinden konnten“, sagt er. In einem „normalen“, also einem „Nicht-Corona-Jahr“, wären rund fünfhundert Pädagoginnen und Pädagogen. Und zum nächstjährigen 70-Jahre-Jubiläum der Internationalen Pädagogischen Werktagung: „Es wird um das Spielen gehen.“
Dieser Tage ist die langjährige Geschäftsführerin der Pädagogischen Werktagung und Stidienleiterin im Bildungshaus St. Virgil, Rosemarie Donnenberg, im Alter von 87 Jahren verstorben. (EDS/dpk)