Der Teufel und die Reisebusse

HINTERGRUND / SALZBURGER ADVENTSINGEN

17/04/19 Wo Engel ums fromme weihnachtliche Spiel, das Salzburger Adventsingen im Großen Festspielhaus, schwirren, dort sind auch dunkle Mächte nicht weit. Die sitzen – aus der Sicht mancher Salzburger Verkehrsplaner – in den Reisebussen. Die Veranstalter des Adventsingens hingegen orten den Leibhaftigen in der Verkehrspolitik.

Von Reinhard Kriechbaum

So luden das Salzburger Heimatwerk (als Veranstalter des Adventsingens) und die Wirtschaftskammer heute Mittwoch (17.4.) zu einem österlichen Pressegespräch in Sachen Advent: Erstens, um eine brandaktuelle Wirtschaftsstudie vorzustellen, in der bestens dokumentiert ist, wie viel Geld – direkt oder umweg-rentabel – die mit jährlich 36.000 Besuchern nach den Festspielen zweitgrößte Kulturveranstaltung für Stadt und Land abwirft.

Vor allem aber ging es um ein Anliegen an die Verkehrspolitik: 42 Prozent der Adventsingen-Besucher kommen mit dem Reisebus, das sind 20 bis 25 Busse pro Veranstaltungen. Dürften diese Busse nicht zum Festspielhaus zufahren (zum Beispiel, wenn das Neutor für den Verkehr gesperrt würde), träfe das die Veranstalter entscheidend.

Bei der Altersstruktur der Adventsingen-Besucher und ihrer Vorliebe für die Anreise im Bus (in zehn Jahren ist der Anteil von 27 auf 42 Prozent gestiegen) sei die Zufahrtsmöglichkeit nämlich „ein Lerbensnerv“, sagt Helmut Mödlhammer, Aufsichtsrat des Salzburger Heimatwerks. „Wir erwarten, dass seitens der Politik auf unsere bescheidenen Bedürfnisse Rücksicht genommen wird.“

Nicht zuletzt, um diesem Anliegen Nachdruck verleihen, hat man im Vorjahr eine Publikumsbefragung durchgeführt und Fachleute von der Wirtschaftskammer analysieren und hochrechnen lassen, was das Adventsingen Salzburg bringt:10,05 Millionen Euro zusätzliches Bruttoregionalprodukt (davon über vier Millionen für Hotellerie und Gastronomie und drei Millionen für den Einzelhandel) werden von den Adventsingen-Besuchern generiert. Auf deren Konto gehen 16.800 Nächtigungen in der Stadt selbst und 7.500 in den Salzburger Umlandgemeinden. Noch einmal 5.000 Nächtigungen fallen im bayerischen und oberösterreichischen Grenzraum an. Direkt oder indirekt würden durch die Großveranstaltung – 16 Aufführungen im Großen Festspielhaus – 130 Jahresvollzeit-Arbeitsplätze mit einer Lohnsumme von 4,53 Millionen Euro geschaffen, erklärt Studienautor Helmut Eymannsberger von der Wirtschaftskammer.

Fast 58 Prozent der Adventsingen-Gäste kommen aus Deutschland (vor zehn Jahren waren es 54 Prozent). Immer mehr von ihnen nächtigen in Hotels (plus 23% gegenüber 2008). Dass der Stammgäste-Anteil von 49% (1983) auf zuletzt 70% gestiegen ist, spricht dafür, dass man die Erwartungshaltungen des Publikums gut einschätzt und bedient. Bei der vorigjährigen Befragung gaben 97,33 Prozent der Gäste an, wieder kommen zu wollen.

Ein Atout in Händen der Adventsingen-Leitung: Man hängt nicht am Subventions-Tropf, sondern finanziert sich zur Gänze selbst. 2,89 Millionen Euro Steuern fließen ans Gemeinwesen, allein die Stadt nimmt 40.000 Euro Vergnügungssteuer ein. Das Heimatwerk ist mit dem Adventsingen also ausschließlich Nettozahler, und deshalb fordert man mit berechtigtem Selbstbewusstsein, dass die Causa Reisebusse im Sinne der Veranstalter geregelt wird. Derzeit gibt es ein „Gentleman afreement“, wie es Helmut Mödlhammer formuliert. Dieses wolle man aber abgesichert wissen. Mit abendlichen Verkehrstumulten, wie sie im Vorjahr durch gleichzeitige Adventsingen-Termine und solche des Silent Night-Musicals in der Felsenreitschule entstanden, wird es hoffentlich nicht mehr geben.