Ohne Punkt oder Komma ohne Beschönigung

MAHNMAL / BÜCHERVERBRENNUNG 1938

27/04/18 Es lässt sich nicht wirklich fotografieren. Man kann darauf sitzen und jausnen. Aber es lässt sich nicht vereinnahmen. Weder von Wohl- noch von Übelmeinenden. Die Eumeniden – die Wohlmeinenden – das sind jene Göttinnen, die man so nennt, weil man sie nicht ärgern will. Die FPÖ-Vertreter in der Stadt Salzburg haben dagegen gestimmt – gegen das Mahnmal zur Erinnerung an die Bücherverbrennung vom 30. April 1938.

Von Heidemarie Klabacher

Ein jahrelanges verbittertes, lächerliches und unglaubliches und umso bewundernswerteres Tauziehen, Streiten, Verhindern- und Nicht-aufgeben-Wollen-weil-das Gewissen-dagegen-Ist hat ein Ende. Die Künstlerin Fatemeh Naderi und der Künstler Florian Ziller, zwei junge Leute mit kleinem Kind, haben das Mahnmal zur Erinnerung an die Bücherverbrennung im Jahr 1938 auf dem Residenzplatz geschaffen. Insgesamt 107 Einreichungen habe es bei dem „aus demokratiepolitischen Gründen bewusst international offen ausgeschriebenen Wettbewerb gegeben“, berichtete Dagmar Aigner von der Stadt Salzburg. Sechs Entwürfe kamen in die engere Wahl.

Jury war der Kunstbeirat der Stadt Salzburg. „Die Fallhöhe war enorm, viele Feuerlöscher waren dabei“, sagte Werner Thuswaldner, der Vorsitzende des Kunstbeirates, heute Freitag (27.4.) bei der Pressepräsentation des Mahnmals. Er war es auch, der betonte: „Mit dem Mahnmal allein ist es nicht getan!“ Es müsse Vermittlung geben, vor allem in den Schulen. „Die Kenntnisse über das Kapitel Zeitgeschichte sind gering.“

Jetzt haben wir also das Mahnmal. Am Montag 30. April, dem exakten Jahrtag, wird es ab 17 Uhr offiziell enthüllt. Es ist ein unaufgeregtes Mahnmal. Es ist ein ganz wunderbares Mahnmal. In einer Art umgekehrten Gruft, einem Tonnengewölbe nach unten in den Boden des Residenzplatzes vor dem Heimatwerk eingelassen, ruht das Skelett eines Buches. Glasplatte – samt Blütenstaub – drauf. Rahmen drum herum. Fertig. Doch doch! Datum und Anlass stehen auch drauf. Unaufdringlich. Ohne Punkt oder Komma, ohne Beschönigung oder Erklärung: „30 April 1938 Bücherverbrennung Bookburning Gegen das Vergessen Never forget“.

Die FPÖ habe einstimmig dagegen gestimmt, erzählte Stadträtin Ingeborg Haller am Rande der Pressepräsentation dem DrehPunktKultur. Sie, die schon anno 2006 einen ersten Antrag für ein Mahnmal Bücherverbrennung auf dem Residenzplatz eingebracht habe, war die Einzige beim Pressegespräch, die es ausgesprochen hat: „Das Erinnern war in Salzburg nicht immer leicht. Es ist ein großer Fortschritt, dass das Mahnmal zur Bücherverbrennung direkt am Residenzplatz errichtet wurde, am zentralen Ort der Stadt: ein sehr aktueller Bezug in unseren Tagen, in denen Menschen mit rechtsextremer Gesinnung in die Parlamente zurückkehren – in Europa, in Österreich.“

Festakt am Montag 30. April, ab 17 Uhr in der Max-Gandolph-Bibliothek, anschließend Enthüllung auf dem Residenzplatz
Bilder: dpk-klaba