Mit beherzter Stimme und Gefühl für Verantwortung

RENÉ-MARCIC-PREIS 2016 / HEDWIG KAINBERGER

28/11/16 „Jeder weiß, dass man einen Gast im Kaffeehaus nicht zu behelligen hat.“ Dennoch habe er es einmal gewagt, die im Tomaselli mit großer „Dringlichkeit“ Buchstaben in einen Computer tippende Journalistin nach einem zerlesenen Buch auf ihrem Tisch zu fragen. So eröffnete Klemens Renoldner bei der Verleihung des René-Marcic-Preises 2016 an Hedwig Kainberger seine Laudatio.

Von Heidemarie Klabacher

Er habe nicht nur eine freundliche Antwort bekommen – das Buch war Stephen Greenblatts „Die Wende. Wie die Renaissance begann“ – Hedwig Kainberger habe mit Begeisterung ihre Sympathie für den Autor begründet und spontan einen brillanten Abriss seiner Thesen entwickelt. Wenige Tage später habe er dann in den Salzburger Nachrichten die ebenso brillante Rezension gelesen… Diese Tomaselli-Szene halte er für ein gutes Beispiel, „seiner Pflicht nachzukommen und die Geehrte zu loben“, sagte Klemens Renoldner, der Leiter des Stephan Zweig Centre, in seiner Laudatio.

Der mit 6.100 Euro dotierte René-Marcic-Preis wird seit 1979 vom Land Salzburg für überragende publizistische Leistungen vergeben und geht 2016 an Hedwig Kainberger, die Ressortleiterin Kultur der Salzburger Nachrichten. Landeshauptmann Wilfried Haslauer überreichte den Preis heute Montag (28.11.) im Rahmen eines Festaktes in der Residenz. „Die Verleihung des René-Marcic-Preises an Hedwig Kainberger stellt eine Würdigung ihrer Arbeit als Kulturjournalistin dar, die vielfältig, kritisch, teilweise auch provokant, immer aber von einem umfassenden humanistischen Wissen getragen ist, die ohne weitere Erörterung die Zulässigkeit auch anderer Meinungen anerkennt“, sagte Landeshauptmann Wilfried Haslauer.

„Mit Hedwig Kainberger schlägt die Jury eine Journalistin für den René-Marcic-Preis vor, die den Grundgedanken dieser Auszeichnung auf eine geradezu idealtypische Weise verkörpert“, heißt es in der Begründung der Jury, der als Vorsitzender Michael Schmolke, der frühere ORF-Landesdirektor Siegbert Stronegger, Ilse Spadlinek und Elisabeth Wasserbauer, Kuratorium für Journalistenausbildung, angehörten. Im Beschluss der Landesregierung aus dem Jahre 1978 werde nämlich, erinnert die Jury, als Voraussetzung für die Preiswürdigkeit nicht nur gefordert, dass es um „hervorragende publizistische Leistungen“ zu gehen habe, sondern dass die journalistische Arbeit „von hoher humanistischer Bildung getragen“ sein soll.

Im Zuge der (dieser Tage erneut aufgeflammten) Diffamierungen des Namensgebers René Marcic hätten die Verantwortlichen sich die Frage gestellt, ob die Landesregierung den Preis aufrecht halten könne, berichtete Landeshauptmann Wilfried Haslauer (im Jahr 2015 ist der René-Marcic-Preis ausgesetzt worden). Bei einer rückwärts gerichteten Geschichtsbetrachtung würden nur zu leicht „Maßstäbe von Heute auf Ereignisse von Gestern angewendet“, sage Haslauer. Alle Vorwürfe und Beschuldigungen, die Marcic einer NS-Nähe zeihen, hätten sich in wissenschaftlichen Untersuchungen als haltlos erwiesen.

René Marcic, Rechtsphilosoph und Mit-Unterstützer einer Wiedererrichtung der Universität Salzburg, war von 1959 bis 1964 Chefredakteur der Salzburger Nachrichten. Deren Herausgeber Max Dasch zitierte in einem Exkurs innerhalb des Festaktes heute aus Nachrufen auf den 1971 Verstorbenen von Hans Lechner, Herbert Moritz und Erzbischof Eduard Macheiner.

In ihrer Dankesrede ließ die Preisträgerin Hedwig Kainberger bisherige Stationen, prägende Kollegen und Glücksmomente ihrer langjährigen Tätigkeit bei den Salzburger Nachrichten (seit 1989) Revue passieren und dankte Kolleginnen und Kollegen und streute der Geschäftsleitung Rosen, „für die weitest mögliche Unabhängigkeit der einzelnen Redakteurinnen und Redakteure“: „Diese Verantwortung spornt an. Wenn ich allerdings vom jüngsten Urteil des Obersten Gerichtshofs lese, in dem Meinung und Unabhängigkeit gleichgesetzt werden, wird mir mulmig.“ Die Verleihung des René Marcic-Preises sei für sie, so die promovierte Betriebs- und Finanzwissenschaftlerin und leidenschaftliche Radfahrerin, „wie ein Gegensturm, der zum Rückenwind wird“: „Eine Aufforderung zum Nicht-Verzagen.“

Bilder: LMZ/Neumayr/SB