Nachdenken über ein Bürgerbegehren

DACHVERBAND / KULTURHAUPTSTADT 2024

17/11/16 „Gerade eine Stadt, die sich selbst als Kulturmetropole definiert, muss sich auch immer wieder dieser Position vergewissern und neuen Herausforderungen stellen“, schreibt Landesrat Heinrich Schellhorn, und signalisiert damit eine positive Grundhaltung zu einer Bewerbung Salzburgs als Europäische Kulturhauptstadt 2017.

Von Reinhard Kriechbaum

Eine Bewerbung ist bis 2018 möglich. Ob sie sinnvoll ist, darüber gehen die Meinungen auseinander. Ein Personenkomitee im Umkreis des Dachverbands Salzburger Kulturstätten befürwortet eine Bewerbung und denkt gar über ein Bürgerbegehren in der Stadt nach, um eine breite Diskussion anzukurbeln.

Österreich wird 2024 eine der beiden Kulturhauptstädte Europas stellen – zum dritten Mal nach Graz (2003) und Linz (2009). Die EU hat auf Kritik – zu hohe Kosten, nur Haupt- und Großstädte, Bauten statt Inhalte – reagiert und das Konzept der Kulturhauptstädte neu überdacht: Im Fokus stehen nun Mittelstädte und die sie umgebenden Regionen. Pro Land strebt man mehrere Bewerbungen an, aus denen eine internationale Jury auswählt. Man will auf Nachhaltigkeit, Vernetzung, Einbindung der Gesellschaft und die europäische Dimension auchten.

Das seit Sommer dieses Jahres aktive, unabhängige Personenkomitee hat Politikerinnen und Politiker angeschrieben. Acht Mal sei der Brief beantwortet worden, hieß es in einem Pressegespräch zum Thema heute Donnerstag (17.11.). Zustimmend äußerten sich in der Stadt Vertreter der Bürgerliste und NEOS sowie vom Land als höchstrangiger Politiker der Kulturlandesrat der Grünen, Heinrich Schellhorn. Unschlüssig ist SALZ (Bürger für Salzburg). Ablehnung kam aus der Stadt von Gemeinderäten der SPÖ, ÖVP und FPÖ. Ein Auszug:

„Da unserer Ansicht nach der früher erzielte Mehrwert des Titels ‚Europäische Kulturhauptstadt’ nicht mehr gegeben ist, lehnen wir die Bewerbung ab“, schrieb SPÖ-Klubreferentin Julia Rafetseder. „Zudem wird die Stadt Salzburg bereits durch die Vielfalt an Kulturinitiativen als Kulturstadt international und national wahrgenommen.“ Ihre ÖVP-Kolleginnen Karoline Tanzer und Delfa Kosic schrieben: „Sie werden uns wohl zustimmen, dass Salzburg mit seinem kulturellen Erbe, seinen Festspielen, dem Mozarteum als prestigeträchtiger Ort der Kulturvermittlung, und, und und ... eine weltweit wahrgenommene Strahlkraft hat, die von einer Bewerbung als Kulturhauptstadt 2024 in dieser Hinsicht nicht wesentlich profitieren würde.“

Das Personenkomitee, das also eine Bewerbung Salzburgs als Stadt und Region sehen will, sieht darin die Chance für eine notwendige (soziokulturelle) Entwicklung ebenso wie für wichtige Impulse und Maßnahmen in der Stadtentwicklung, in Wirtschaft, Ökologie und Tourismus. Man denkt über eine Bürgerbefragung 2017 nach; bei 2.000 Unterschriften muss das Begehren vom Gemeinderat der Stadt Salzburg behandelt werden.

„Wir wünschen uns eine ehrliche Auseinandersetzung von Politik, Wirtschaft, Kultur, Wissenschaft und Zivilgesellschaft, um Salzburg als 'Leuchtturm' für die Zukunft fit zu machen“, hieß es im Pressegespräch. „Das Projekt kann und soll als Kristallisationspunkt verstanden werden, um mit engagierten Salzburgerinnen und Salzburgern, zum Beispiel in Zukunftswerkstätten, einen Prozess zu starten, der bis 2018 zu einer Bewerbung führen kann. Ziel soll sein, Stadt und Land lebenswerter zu machen, eine positive Stimmung zu erzeugen, Ideen und Energien zu bündeln.“

Die Kosten beliefen sich bei Graz und Linz auf insgesamt je ca. 60 Millionen Euro, wobei Land und Bund je ca. ein Drittel beisteuerten. „Andere Städte kommen mit geringeren Budgets aus“, heißt es. Das Nächtigungsplus betrage in den jeweiligen Kulturhauptstädten bis zehn Prozent.

Die Mitglieder des Personenkomitees Kulturhauptstadt Salzburg 2024:
Tomas Friedmann (Kulturhauptstadt-Beauftragter des Dachverbands, Leiter Literaturhaus Salzburg), Michaela Gründler (Chefredakteurin Straßenzeitung Apropos), Carolina Hubelnig (Bloggerin/guteguete.at, Co-Founder Salt & Söhne), Elisabeth Leitner (Professorin FH Kärnten, Gründerin Initiative Kulturhauptstadt 2024), Ursula Maier-Rabler (Ass.Professorin Universität Salzburg/Center for ITC&S), Michael J. Mayr (Publizist, Journalist), Astrid Rieder (Künstlerin/transART), Sonja Puntscher-Riekmann (Professorin Universität Salzburg/Center for EUS, Vizepräsidentin Forum Alpbach), Gerbert Schwaighofer (Universität Salzburg/Uni Mozarteum – Wissenschaft & Kunst), Ursula Spannberger (Architektin & Mediatorin), Walter Spielmann (Herausgeber, Moderator, Bibliothek für Zukunftsfragen), Stefan Wally (Universitätslektor), Karl Zechenter (Regisseur, Kurator, Vorsitzender Dachverband Salzburger Kulturstätten)

Zur Dokumentation Positive Stimmen