Winkeladvokaten fürs Weltkulturerbe

KOMMENTAR

rkVon Reinhard Kriechbaum

04/11/13 Touristen wissen im Regelfall, wie und wo sie an Informationen über Salzburg kommen: Mitten in der Altstadt, am Mozartplatz gibt es die dafür notwendige Infrastruktur. Verspüren Salzburger selbst Schwellenängste, wenn sie etwas über ihre eigene Weltkulturerbe-Stadt wissen möchten? Könnte ein eigenes Infomationszentrum den Sinn fürs Weltkulturerbe verstärken oder bei manchen gar erst wachrütteln?

Einen Amtsbericht dazu gibt es schon, nun braucht es – so ist einer Presseaussendung aus dem Büro von Stadtrat Padutsch von Montag (4.11.) zu entnehmen – noch eine Machbarkeitsstudie. „Mit dem Zentrum soll kein neues Museum entstehen“, beruhigt man in der Aussendung. Gut so, Salzburg ist tatsächlich per se Freilichtmuseum genug.

Aufgabe einer solchen Einrichtung wäre, „Besucherinnen und Besuchern einen ersten Überblick über Salzburgs kulturelle Schätze zu geben und über aktuelle Kulturveranstaltungen zu informieren. Ein solches Weltkulturerbezentrum würde sich aber auch an die SalzburgerInnen richten und dabei helfen, die Schönheiten der eigenen Heimatstadt von neuem kennenzulernen.“

Wirklich einsichtig ist die Einrichtung eines weiteren Informationszentrums nicht. Baut man da nicht eine Parallelstruktur auf, sollte die Tourismusinformation am Mozartplatz nicht als Anlaufstelle genug sein?

Das Welterbezentrum solle, so wird Stadtrat Johann Padutsch zitiert, „ein Bewusstsein dafür schaffen, dass Weltkulturerbe aus mehr besteht als einzelnen Gebäuden: Von den Verkehrsstrukturen bis hin zum Branchenmix der einzelnen Geschäften sind Salzburgs Weltkulturerbe und sein einzigartiger Flair ein Zusammenspiel aus vielen verschiedenen Faktoren“.

Ein Informationszentrum also, das Verständnis dafür schafft, dass die Salzburger selbst – positiv gesagt – die Altstadt mit den Touristen teilen müssen. Negativer formuliert: dass sowieso kaum mehr einer im Altstadtkern wohnt und potentielle Stadt-Flaneure längst emigriert sind in Richtung Europark, wo man wenigstens nicht mit Touristen um Kaffeehausstühle raufen muss. Dass in Salzburg alles Urbane ein wenig unbequemer und deutlich teurer ist als anderswo. Dass sich ein jedes Bauprojekt, das auch nur einen Hauch Modernität brächte, zur diskursiven Staatsaktion auswächst.

Irgendwie schleicht sich der Eindruck ein, dass sich die Bevölkerung eh schon nachhaltig fürs Weltkulturerbe entschieden hat, indem sie eben dieses nach Möglichkeit meidet. Ob ein paar beamtete weltkulturerbliche Winkeladvokaten in einem Informationszentrum die öffentliche Meinung herumreißen werden, ist zu bezweifeln. So nebenbei: Ist der optimale Ort für ein Weltkulturerbe-Zentrum dann der Europark oder die Altstadt?