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Arme Musik-Bildungsbürger?

KOMMENTAR

rkVon Reinhard Kriechbaum

27/06/30 Zwei altehrwürdige Institutionen sind ins Streiten gekommen: Die Internationale Stiftung Mozarteum auf der einen, die Salzburger Liedertafel auf der anderen. Der konkrete Rechtsfall (die Nutzung eines Saals im Mozarteum) ist für Außenstehende nicht so rasend interessant – aber die Sache macht wieder einmal deutlich, wie entscheidend sich das Konzertleben in den vergangenen Jahrzehnten gewandelt hat.

Nicht nur im 19. Jahrhundert, auch noch weit in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts hinein war das Musikleben so gut wie ausschließlich „bürgerlich“ – getragen eben von Organisationen wie der Stiftung (die lange quasi ident war mit der Dommusik) oder der Liedertafel. Letztere war sogar noch Anfang der achtziger Jahre ein ernsthafter Musik-Player am Ort, ihre Oratorienaufführungen (unter dem legendären Kurt Prestel) wurden wahr- und ernst genommen. Auch die Salzburger Kulturvereinigung war diesem „bürgerlichen“ Veranstaltungsmodell verpflichtet.

Das „Bildungsbürger“ bedeutet heutzutage schon beinah Schimpf und Schande. Keiner, der ins Konzert geht, will sich heute als ein solcher punziert wissen. Stiftung Mozarteum und Kulturvereinigung sind, eine jede Institution auf ihre Weise, moderne Konzertveranstalter geworden. Die Dommusik hat ihre klare Nische in der geistlichen Musik gefunden.

Aber in einer „Liedertafel“ zu singen: Das gilt nicht mehr als besonders sexy. Bewegliche, junge Vokalensembles haben den singenden „Bürgern“ längst den Rang abgelaufen. Es tönt, von SaltoVocale bis Voices Unlimited, längst frischer und professioneller durch die Stadt, wogegen die Liedertafel permanent um ihre konzertante „Funktionstüchtigkeit“ bangen muss. Der jetzige künstlerische Leiter, Arunas Peciulis, legt sich übrigens mächtig ins Zeug und hat in den vergangenen Jahren gute Konzerte zustande gebracht.

Ganz ausgedient hat diese Art von Chören also noch nicht (wie man auch am ähnlich strukturierten Salzburger Mozartchor sieht, der es sogar schon zu einer Facebook-Präsenz gebracht hat). Aber ernsthaft kompatibel mit einem Profi-Konzertveranstalter wie der Stiftung ist die Liedertafel nie und nimmer.

Wie der aufgeflammte Streit um den Liedertafel-Saal ausgeht, wird Sache der Argumentation von Rechtsanwälten und Richtern sein. Juridisch geht es um die Frage, ob eine Institution, die vor gut hundert Jahren finanziell mitgeholfen hat, ein Konzert- und Musikschulgebäude (das alte Mozarteum eben) zu bauen, nach so langer Zeit Anspruch auf Fruchtgenuss hat. Vielleicht einigt man sich ja sogar einigermaßen gütig, was sinnvoll wäre. Irgendwie gehört die Liedertafel nämlich in ihren holzgetäfelten, altmodischen Saal. Das ist so etwas wie Folklore. Er gehört dazu wie das Badehäuschen am Wallersee, von dem Insider sagen, es sei das allerstärkste Argument, heute noch bei der Liedertafel mitzusingen.

Zur Meldung {ln:Ungeliebte Langzeitmieter}

 

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