Jetzt auf die Socken machen, bitte!

KOMMENTAR

rkVon Reinhard Kriechbaum

06/05/13 Einen Arzt braucht, wer Visionen hat. Legt man das Bonmot auf den Wahlkampf der letzten Wochen und Monate um, so darf man allen Beteiligten beste Gesundheit bescheinigen. Gerade in Sachen Kulturvisionen war Medizin nicht mal in homöopathischer Dosis vonnöten.

Was politische Ressortzuständigkeiten anlangt, sind nach geschlagener Landtagswahl alle Karten im Bundesland Salzburg neu zu mischen. In Sachen Kultur scheint besonders alles offen – aber leider nicht offen im Sinn von weiter Aussicht, sondern latenter Vernebelung. Es gab, wie wiederholt an dieser Stelle bekrittelt, im Wahlkampf ja niemanden, der richtungsweisende kulturpolitischen Vorstellungen formuliert hätte, sieht man einmal davon ab, dass die Vereinigung aller Kulturagenden in einer Hand zu den wenigen Konsenspunkten der beiden Regierungsparteien gehörten.

Wie auch immer eine Regierungskoalition in Zukunft aussehen wird: Für die Kultur drängt sich von den bisherigen Protagonisten und von den nun gewählten Landtagsabgeordneten niemand auf. Die SPÖ hat mit David Brenner ihren smarten kulturpolitischen Protagonisten (der freilich de facto wenig vorangebracht hat) eingebüßt. Beim künftigen Landeshauptmann Wilfried Haslauer hätte wohl nur die „große“, die bürgerlich-gesellschaftsfähige Kultur gute Karten. Die mandatsmäßig in die Höhe katapultierten Grünen haben zwar mit Cyriak Schwaighofer und Bernhard Carl zwei Leute im Landtag sitzen, die sich immer wieder in Kulturangelegenheiten zu Wort gemeldet haben: Der eine hat allerdings eher eine Schlagseite zur Kultur im ländlichen Raum, der andere hat vor allem um Gratis-Bustickets für Festspielbesucher gekämpft – vom Visionen-Stadium sind auch diese beiden netten Leute meilenweit entfernt.

Die Wegweiser stünden also auf Quereinsteiger. Vielleicht sollte sich nun schleunigst der Landeskulturbeirat auf die Selbstgestrickten machen: Erstens zum Brainstorming, um fähige Kandidatinnen und Kandidaten aufzuspüren und ihnen ein politisches Engagement schmackhaft zu machen. Zweitens zum Antichambrieren beim künftigen Landeshauptmann. Der Landeskulturbeirat brauchte nämlich keineswegs zu warten, bis er gefragt und huldvoll empfangen wird. Das Agieren ist zwar nicht dezidiert in seinen Statuten festgeschrieben, aber er wäre eine repräsentative, die Breite der Szene hinlänglich spiegelnde Interessensgemeinschaft. Er könnte sehr wohl durch eigene Bewegung Wellen schlagen könnte.

Jetzt wären also die Tage, in denen der Landeskulturbeirat, der seit bald einem Jahr zur Selbstfindung in sich gegangen und allein um sich selbst gekreist ist, vom „Gremium“ zum „Motor“ mutieren könnte.

Es geht um Tage, wohlgemerkt, denn politische Sondierungsgespräch und koalitionäre Ämter-Versprechungen setzen sofort ein. Eile und selbstbewusstes Auftreten, immer mit entschiedenen medialen Botschaften, wären das Gebot der Stunde.

Und es sollte nicht bei der Aktivität dieses einen Gremiums bleiben, Dem zweiten, dem Dachverband Salzburger Kulturstätten, sind spontane Beweglichkeit und Initiative zuzutrauen. Und schließlich wären da noch hunderte Künstlerinnen und Künstler der verschiedenen Sparten. Sie könnten sich ganz individuell einschießen auf Wunschkandidaten und vor allem ihre Stimmen in Richtung Chiemseehof tönen lassen. Gerade Kulturschaffende definieren sich selbst gerne als Meinungsbildner, als Sensoren des Zeitgeistes und Vorausahner künftiger (Fehl)Entwicklungen. Jetzt könnten sie alleine oder in spontanen Allianzen gut zeigen, wie ernst ihnen die eigene Sache wirklich ist.

Zum Gastkommentar Fehlt da nicht schon wieder etwas?