Kultur-Sonntagsredner, vortreten!

KOMMENTAR

altVon Reinhard Kriechbaum

09/01/13 Wie das Kaninchen auf die Schlange starren im Moment alle auf die Blase, deren Platzen als „Finanzskandal“ zum Un-Wort des Jahres geworden ist. Dabei wusste man bislang gar nicht, dass es eine solche Blase überhaupt gibt.

Man könnte all das eigentlich als mediale Schmierenkomödie abtun und sich als Publikum delektieren am Theaterdonner des ruralen Schauspiels „Rückpflanzung des Landes in die vertraute schwarze Heimaterde“. Umso mehr, als es im echten Schauspiel, in der echten Kultur (vor allem in der freien Szene) demnächst vorstellungsmäßig dünn werden könnte.

Am Rande der Jahres-Pressekonferenz der ARGEkultur am Mittwoch (9.1.) war zu erfahren, dass diese Institution keineswegs Anfang Jänner jenes Jahreszwölftel aus dem bisherigen Förderbudget überwiesen bekommen hat. Das wäre eigentlich vorgesehen, wenn kein aktuelles Budget zustande kommt. Tatsächlich ist es aber so, dass zwar die jeweiligen Landesabteilungen die Zwölftelsumme zur Verfügung haben. Aber das hat noch keine Bedeutung für die reale Geldverteilung an die Subventionsempfänger. Welcher Beamte ist in Zeiten politischer Kopflosigkeit schon willens, sich vorschnell die Finger zu verbrennen? Man hat ja gesehen, wie es der initiativen Monika R. ergangen ist. Und Kulturmenschen sind das Warten auf Geld ja ohnedies gewohnt.

Weiter am Beispiel ARGEkultur: So schnell braucht man die Flinte nicht ins Korn zu werfen, denn die Stadt Salzburg war so nett und hat den Landes-Ausfall fürs Erste durch einen Fördergeldvorschuss kompensiert. Und die Finanzchefin der ARGEkultur war so klug, die Banken schon im Dezember um einen höheren Überziehungsrahmen zu bitten. Schließlich war der Gang- richtiger: der Stillstand - der Dinge vorauszusehen.

Die finanzielle Nulldiät trifft übrigens nicht nur Kulturinstitutionen. Noch krasser spüren sie soziale Einrichtungen, die ja noch unmittelbarer kostenintensiven Alltagseinsatz leisten müssen. Von einer Stundung der Sozialabgaben für die Mitarbeiter angesichts des Finanz-Pfuschs auf Landesebene hört man nichts. Auch Steuern dürfen wir alle trotzdem pünktlich abliefern.

„Eine politische Tätigkeit wird derzeit nicht wahrgenommen“, so ARGEkultur-Leiter Markus Grüner-Musil. Die ARGEkultur und viele andere Kultureinrichtungen haben im Herbst, noch vor der Lähmung aller Politik und Schreckstarre der Landesverwaltung, neue Zielvereinbarungen für die mittelfristige Förderung ausverhandelt. „Das Papier wäre unterschriftsreif gewesen“, so Markus Grüner-Musil. Aber ohne Budget und ohne handlungsfähigen Kultur-Landesrat (David Brenner ist ja nur noch eine Woche im Amt) steht die Partie. Das Papier mit den Fördervereinbarungen ist eigentlich Makulatur.

Wo bleiben die kulturpolitischen Wortführer? Von den aktuellen Politikern ist sowieso nichts zu erwarten derzeit, sie sind mit sich selbst, mit dem kleinkrämerischen Techtelmechtel gegen den jeweiligen Gegner und vor allem mit dem Erhalten eigener Hausmächte hinlänglich ausgelastet.

Auf die Gefahren der finanziellen „Zwölftelregelung“ hat bisher nur der Dachverband Salzburger Kulturstätten aufmerksam gemacht. Wo bleibt eigentlich der Landeskulturbeirat, der prompt auf die Barrikaden steigen sollte, wenn die Politik nicht spurt? In zehn Tagen werde man sich zu einer Sitzung treffen, heißt es. In zehn Tagen schon, bloß nicht aus der Ruhe bringen lassen! Da werden also die ersten drei Wochen des Jahres ins Land gezogen sein, und die von allen so heiß geliebte und hoch gelobte freie Szene, für die sich auch der Landeskulturbeirat immer wieder so wortreich ins Zeug legt, wird so lange ohne frisches Geld ausgekommen sein müssen.

Der militärische Ton wird vielleicht nicht so gern gehört anderthalb Wochen vor der Bundesheer-Volksbefragung. Aber es ist höchste Zeit fürs Kommando: All Ihr Kultur-Sonntagsredner, vortreten!