Göttliche Komödie

GLOSSE

altVon Reinhard Kriechbaum

14/03/12 Was haben wir für Sorgen, mit Kulinaria wie „Zigeunerschnitzel“ oder „Mohr im Hemd“. In Italien erzeugt bei aufmerksamen und politisch korrekt denkenden Menschen sogar Dantes „Göttliche Komödie“ Sodbrennen.

Der Zensor ist gefragt, jedenfalls wenn es nach der italienischen Menschenrechtsorganisation „Gherush92“ geht. Zumindest im Schulunterricht solle nur noch eine um etliche Passagen bereinigte Version der Divina Comedia verwendet werden. Dante muss nämlich ein ganz arger xenophober Typ gewesen sein. Einige Gesänge des Versepos aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts seien voll von rassistischen, antisemitischen und islamophoben Stereotypen, beanstanden die italienischen Menschenrechtler, die auch die UN beraten.

Im 34. Gesang wird der tiefste Punkt der Hölle beschrieben. Dort findet sich mit dem Christus-Verräter Judas sowie mit Cassius und Brutus, den Mördern Cäsars, eine erlauchte Herrenrunde. Nicht ganz so tief im Höllenschlund, aber immerhin im „9. Höllengraben“ sitzen der Prophet Mohammed und sein Schwiegersohn Ali. Entschieden zu tief unten, meinen die Leute von „Gherush92“. Und wie es den Religionsgründern dort ergeht! Ein Teufel schlägt ihnen unablässig Gliedmaßen ab und tiefe Wunden. Solche Dinge seien italienischen Schülern nicht zumutbar – und wenn schon, dann müsse sichergestellt sein, dass die ideologischen Knackpunkte im Unterricht sorgfältig thematisiert würden, mahnen die Menschenrechtler.

Bei uns hat dieser Tage erst der niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll in der Krone vehement Partei ergriffen für die kleinen Unkorrektheiten auf der österreichischen Speisekarte. Wird sich ein ähnlich namhafter italienischer Politiker finden, der Dante das Wort und den gewiss wohlmeinenden Menschen gegen den Mund redet? Immerhin, es gibt schon Stimmen, die die Dante-Schelte ein wenig eigenartig finden. Das Wegstreichen der inkriminierenden Passagen sei in etwa so, als ob man "den Figuren in der Sixtinischen Kapelle Unterhosen oder der Venus von Milo einen Bikini" anziehen würde, heißt es sogar in einem Kommentar der Tageszeitung "Avvenire" vom Dienstag (13.3.). Und das ist ein katholisches Blatt.