Was singen die Ewiggestrigen?

GLOSSE

altVon Reinhard Kriechbaum

20/01/12 Die Wiener Ballkultur hat es, mitten im Fasching und binnen weniger Tage, frontal getroffen. Noch gar nicht so lange, anderthalb Jahre erst, standen die „Wiener Bälle“ als Markenzeichen auf der UNESCO-Liste des immateriellen Kulturerbes. Recht so, dachte man arglos im Hinblick auf Polonaise und Debütantinnen-Krönchen, auf die sympathische Einladung „Alles Walzer“, auf Mörtels Starlets und auf die Elmayer’sche  Benimm-Tradition.

Aber da ist unversehens einer auf der Liste der Wiener Nobel- und Traditionsbälle ins Gerede gekommen, der tatsächlich übel beleumundet ist: jener des Wiener Korporationsrings (WKR). Ein Burschenschafter-Ball mit ewiggestrig denkender Kundschaft? Da hat sich sogar Elfriede Jelinek zu Wort gemeldet (die erst jüngst den Roten wortkräftig in Sachen Pelinka die Leviten las).

Nein, dieser Ball sollte wirklich nicht sein. Dass die österreichische UNESCO-Kommission freilich jetzt gleich den „Wiener Ball“ als Ganzes gestrichen hat, ist eine mehr als sonderbare Reaktion.

Hoffentlich ist es nicht nur blindwütig vorauseilender Gehorsam. Die Damen und Herren des UNESCO-Kommitees sollten auch über Kriterien nachdenken, was auf der Liste der immateriellen Kulturgüter landen soll. Derzeit ist es ja vor allem eine Frage eines tüchtigen Lobbyismus. Da bringen es sogar Böllerschützen zu einer Nennung, obwohl diese Form des Brauchs gesetzlich verboten ist.

Uns Salzburgern steigen nun sowieso die Grausbirnen auf, steht doch auch unser Weihnachtslied „Stille Nacht“ auf besagter UNESCO-Liste. Nicht auszudenken, würden einmal Burschenschafter oder andere Ewiggestrige dabei erwischt, dass sie in das Weihnachtslied einstimmen. Wenn solches ruchbar würde bei den politisch Superkorrekten, ist „Stille Nacht“ flugs auch weg von der Liste. Der Flurschaden für Salzburg wäre nicht auszudenken.