Deutsch lernen in der Summer School

KOMMENTAR

Von Reinhard Kriechbaum

04/06/20 Im Moment interessieren sich alle Medien ausschließlich dafür, wann endlich und ob überhaupt wir uns wieder an den italienischen Stränden an der oberen Adria grillen lassen dürfen. Es gäbe entschieden wichtigere Themen.

Um die von Unterrichtsminister Heinz Faßmann angekündigten Summer Schools und die Mitte Mai als sommerlicher Ergänzungsunterricht in eine vage Verordnung gegossene Deutsch-Förderung für Schulkinder, die solche nach der Corona-bedingten Schulunterbrechung bitter nötig haben, ist es ziemlich still geworden. Die „Message control“ – gemeint ist: man wirft den Medien jeweils ein ausgesuchtes Thema vor, an dem allein sich diese festbeißen wie verwöhnte Zootiere – funktioniert prächtig. Strandurlaubs-Schlagzeilen rundum also anstatt beispielsweise kritische Blicke darauf, wie es eigentlich den Oberstufen-Schülern geht, die dieser Tage wieder gnädig Aufnahme in die Schulgebäude gefunden haben.

Insistierendes Medieninteresse verdienten auch Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund. Sie müssen spätestens in den ersten beiden Schulwochen im Herbst Deutsch-Prüfungen ablegen und damit den Erwerb ausreichender Sprachkenntnisse beweisen. Nach zwei Monaten Home schooling! Diese jungen Menschen können nämlich, vom Screen-Dasein erlöst, sehr wohl sitzen bleiben. Wie werden deren Summer Schools aussehen, so sie diese tatsächlich bekommen? Hinter der in dem Fall geradezu absurd anmutenden englischen Bezeichnung verbirgt sich Deutsch-Unterricht. Sommerschule wäre also ein gediegener Ausdruck.

Aber wir wollen hier nicht gegen das überhand nehmende Denglisch mosern. Für ein Krönchen-Virus braucht's wohl ein Respekt gebietendes, also englisches Fachvokabular. Einen anderen Aspekt hinsichtlich der Summer Schools hat dieser Tage die Hochschülerschaft der Universität Salzburg angesprochen. Der sommerliche Sprachunterricht an den Schulen soll demnach nicht von den üblichen Lehrkräften gehalten werden, sondern von Lehramtsstudierenden, die dafür mit ECTS-Punkten „bezahlt“ werden sollen. Einst hat man ja an den Universitäten Zeugnisse und Seminarteilnahmsbestätigungen gesammelt, jetzt häuft man ECTS-Punkte an. Die vier Buchstaben stehen für European Credit Transfer and Accumulation System.

Was der Hochschülerschaft sauer aufstößt: „Für reale Arbeit brauchte es realen Lohn.“ In den letzten Monaten hätten viele Studierende ihre Arbeit verloren, Eltern könnten aufgrund wirtschaftlicher Folgen häufig nicht mehr die notwendige Unterstützung im Studium leisten und die Hochschülerschaften hätten Rekord-Sozialfonds aufgesetzt. Studierende seien daher gerade im Sommer umso mehr angewiesen auf Einkommen und bezahlte Arbeit.

„Echte“ Lehrer kann das Ministerium nur auf freiwilliger Basis für den Unterricht heranziehen, und diese sind dann auch mit entsprechenden Zulagen zu entlohnen. Übernehmen Lehramststudenten diese Tätigkeit und gibt man ihnen dafür aufs Studium anrechenbare Punkte, kommt das den Staat unvergleichlich billiger.

„Ohne Versicherung, mit selbst zu tragenden Fahrtkosten, ohne Dienstvertrag – dies wäre keine Basis für geregelten Sommerunterricht an Schulen“, hieß es dieser Tage in einer Aussendung der Salzburger ÖH. „Minister Faßmann denkt vielleicht, dass man mit ECTS auch die Miete und den Bus bezahlen kann, aber das funktioniert leider nicht.“ Das Ministerium wolle sich „hoffentlich nicht einfach Sozialabgaben und die Lohnkosten sparen, um als Praktikum zu deklarieren was eigentlich ein reales Dienstverhältnis sein müsste“.

Maximilian Wagner von der Studienvertretung Lehramt an der Universität Salzburg: „Auch mit Entlohnung und Dienstvertrag können Tätigkeiten im Studium anerkannt werden, und dann kann sogar zusätzlich die Miete gezahlt werden.“ Sollte es keine Dienstverträge, keine rechtliche Absicherung und keinen Lohn geben, rät man seitens der ÖH davon ab, „auf eigene Kosten Arbeit zu verschenken“.