Gedanken nach FC Salzburg gegen Real Madrid

GLOSSE

Von Werner Thuswaldner

08/08/19 Kann sein, dass man sich in den Augen mancher disqualifiziert, wenn man anstatt ins Große Festspielhaus auch einmal ins Fußballstadion geht. Aber es ist sehr reizvoll, Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu entdecken.

Doch ist das nicht ein Versuch, der von vornherein scheitern muss? Hieße es nicht, Erbsen mit Kürbissen vergleichen zu wollen, fasste man zunächst einmal nur die Quantitäten ins Auge? Über 30.000 Zuschauer da, 2100 Sitzplätze dort. Die Spannung, die in der Luft liegt, ist jedoch vergleichbar. Zwar wissen viele Besucher der Oper genau, wie es ausgehen wird, wer getötet werden wird und wer nicht, während das Ergebnis im Stadion in der Regel bis in die Nachspielzeit hinein offen ist. Die Stars legen sich, ob Fußballer oder Sänger, ins Zeug. Und Stars sind es ohne Zweifel.

Die Fußballer, das fällt auf, müssen sich an strenge Regeln halten. Darauf achtet der Schiedsrichter. Die auf der Theater- oder Opernbühne das Sagen haben, nehmen es nicht so genau mit dem, was Dichter und Komponisten einmal als Vorgaben niedergelegt haben. Sie erlauben sich oft Einschübe und Kürzungen, dass man sich wundert. So ist es, um ein Beispiel zu nennen, schon vorgekommen, dass ein Regisseur, der sich mit dem Stück Liliom von Ferenc Molnar beschäftigt, das Ganze nicht von vorn bis hinten spielt, sondern umgekehrt. Warum? Vielleicht weil es ihm langweilig war.  

So etwas ließe kein Unparteiischer zu, würde eine der Mannschaften mittendrin plötzlich anfangen, Handball zu spielen, wo doch das Publikum zu Recht erwarten darf, dass es durchgehend Fußball zu sehen bekommen wird. Würde ein Schiedsrichter eine solche Absicht von einer der zwei Mannschaften bemerken, er würde sofort abpfeifen. Der Gerechtigkeit halber ist aber anzumerken, dass es auch auf der Bühne anders geht: „Keine Striche. Es wird jede einzelne Note gespielt“, sagt etwa Ingo Metzmacher, der George Enescus Oper Œdipe dirigieren wird: „Ich finde es unangebracht, in diesem Stück zu streichen. Jede einzelne Note ist mit Sinn und Wichtigkeit gefüllt.“

Die Emotionen im Festspielhaus können stark sein. Aber niemals so stark wie im Stadion nach einem harten Foul.

Die Enttäuschung vieler Zuschauer wäre sicher groß, würde ein Star wie der Stürmer Eden Hazard, dessen Wert mit hunderttausend Euro angegeben wird -  damit sicher mit jenem der Sängerin Anna Netrebko vergleichbar - kurzfristig absagen. Zu Ausschreitungen vor lauter Zorn aber würde es wohl nicht kommen. Keiner würde sein Ticket wegwerfen und wütend darauf herumtrampeln. Sehr kultiviert geht es zu auf den Rängen des Stadions in Kleßheim.