Kultur – barrierefrei
STICH-WORT
17/11/21 Wie groß ist der Wendekreis eines Rollstuhls? Mit einem Geviert von anderthalb Metern ist man auf der sicheren Seite. Taster und Druckknöpfe sollen in einer Greifhöhe von 85 bis 100 cm erreichbar und 50 Zentimeter von Raumecken entfernt sein. – Solche Dinge weiß nicht jeder. Das Land hat einen neuen Leitfaden für barrierefreie Kulturveranstaltungen herausgegeben.
Von Reinhard Kriechbaum
Im Kulturentwicklungsplan (KEP) des Landes ist die kulturelle Teilhabe als wesentlicher Baustein des Kulturlands Salzburg verankert und der neue Leitfaden als prioritäre Maßnahme verankert. Barrierefreiheit spielt dabei eine zentrale Rolle. „Nicht zuletzt aufgrund des demographischen Wandels hin zu einer älter werdenden Gesellschaft sind barrierefreie Erreichbarkeit von und Zugänglichkeit zu Kunst- und Kultureinrichtungen und -veranstaltungen oder zu Kunstprojekten besonders wichtig“, betont LHStv. Heinrich Schellhorn.
Kulturveranstaltungen barrierefrei und inklusiv heißt die neue Broschüre, die kompakt und übersichtlich einschlägige Informationen für Veranstaltende bereit hält. Es fehlt ja kaum einmal am guten Willen, oft aber am Wissen. Schon kleine Maßnahmen sind oft sehr hilfreich. Das beginnt bei der Gestaltung von Einladungskarten zu Veranstaltungen: Nicht alles, was Graphikern an Originellem einfällt, ist auch tauglich für Menschen mit Sehschwäche. Und selbst als Scharf-Sichtiger ärgert man sich mitunter, wie schlecht lesbar Programmhefttexte im Halbdunkel eines Veranstaltungsraums sind, wenn der Kontrast zwischen Schrift und Hintergrund nicht stark genug ist. So stylisch auch ein Veranstaltungsraum aussehen mag: Was hilft's, wenn auf Rollstuhlplätze vergessen wird oder neben dieser Freifläche kein Sitz für Begleitpersonen vorgesehen ist. Wie viele Rollstuhlplätze braucht's überhaupt? Ein Platz pro hundert Besucher ist ein probates Richtmaß.
Es geht also darum, Bewusstsein für das Thema Inklusion zu schaffen. Viel Wissenswertes entlang der „Servicekette“, sprich: von der Einladung zu einer Veranstaltung über Anreise, Parkplätze, Wege und Situationen in den Gebäuden bis zur Fahrt nach Hause. Kulturhaus-Planer und Organisatoren von Veranstaltungen finden in der Broschüre viele Anregungen, die oft mit minimalen Mitteln umzusetzen sind. „Es gibt eine Reihe von Verbesserungsmöglichkeiten, die für Veranstaltende meist nur kleine Änderungen bedeuten, aber für viele Menschen eine wichtige Voraussetzung zur ungehinderten Teilnahme sind“, so Sozial- und Kulturreferent Heinrich Schellhorn.
„Die barrierefreie Gestaltung von Kunst- und Kulturangeboten ist ein klarer Auftrag der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, die in Österreich seit 2008 in Kraft ist. Sie macht aber auch ökonomisch Sinn, indem neue Zielgruppen gewonnen werden. Denn nicht nur für Menschen mit Behinderungen ist der Abbau von Zugangshürden wichtig, auch andere Gruppen, wie Eltern mit kleinen Kindern oder ältere Menschen, profitieren davon“, so Eva Veichtlbauer, die Leiterin der Abteilung Kultur, Bildung, Gesellschaft und Sport.
Die Autorin der neuen Broschüre, die es gedruckt oder als pdf-Datei gibt, ist Monika Schmerold, Sachverständige für barrierefreies Bauen und Gestalten. Die Tipps und Hinweise sind auf 18 Seiten komprimiert „Es handelt sich um kein Handbuch, sondern um eine praktische Übersicht als Einstieg in die Thematik mit weiterführenden Literaturhinweisen“, erklärt Schmerold.