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Wiener Dreivierteltakt-Frohsinn

STICH-WORT

29/12/20 Wann bricht die österreichische Welt zusammen oder auseinander? Vielleicht gerade jetzt, weil die Skifahrer keine Medaillen mehr einfahren und sogar die Skispringer leer ausgehen. Oder weil es in diesem Fasching mangels Opernball auch keine Ehrengästin in Lugners Loge und nicht mal eine minimalistische Gegendemonstration geben wird.

Von Reinhard Kriechbaum

Alles irgendwie wegzustecken, das Leben geht weiter. Das Ende wäre erst dann erreicht, wenn unsereins am 1. Jänner ohne Neujahrskonzert auf der Mattscheibe dastünde. Und so sehr auch die kleinen roten Kugelnoppen-Viren durchs Land und über Skipisten gepustet werden, das Worst-Szenario eines ausgefallenen Neujahrskonzerts aus dem Goldenen Saal des Wiener Musikvereins ist abgewendet. Nicht nur für heuer.

Gestern Montag (28.12.) vermeldete der ORF eine Vertragsverlängerung mit den Wiener Philharmonikern. Ehrlich, wir hatten noch gar nie drüber nachgedacht, aber natürlich braucht's eine solche Regelung. Die Wiener Philharmoniker könnten sich übertragungsmäßig auch einem großen Fernseh-Privatunternehmen an die Brust schmeißen oder für entsprechend Kohle alle Agenden einem Musikvermarktungs-Giganten à la Unitel überlassen – dann täte der kleine ORF mit dem Ofenrohr ins Gebirge schauen. Im Sport wird ja auch beständig neu ausverhandelt, wo Fußballspiele, Autorennen oder prominente Tennistourniere übertragen und von wem sie dann zu welchen Konditionen weiter verbreitet werden.

Entwarnung also: Der aktuell bis 2022 gültige Vertrag zwischen ORF und Philharmonikern, der das Neujahrskonzert und auch das Sommernachtskonzert im Schönbrunner Schlosspark regelt, wurde auf weitere fünf Jahre verlängert. Bis 2027 werden ORF-Kameraleute und -Tonmeister zuständig sein für das internationale In-die-Luft-Wirbeln des Wiener Dreivierteltakt-Frohsinns.

Seit 1. Jänner 1959 überträgt der ORF das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker. Das kommende ist also das 81. Neujahrkonzert und die 63. ORF-Übertragung. Die Bilder mit einem sichtlich entspannten Riccardo Muti wurden vor Weihnachten bei einer Probe im Wiener Musikverein afgenommen. Muti wird am 28. Juli nächsten Jahres achtzig Jahre alt. An diesem seinen runden Geburtstag wird zwar bei den Salzburger Festspielen Welser-Möst die Wiener Philharmoniker dirigieren, aber die Salzburger „Philharmonischen“ zu Ferragosta gehören natürlich dem Jubilar, der denn Beethovens Missa Solemnis dirigieren wird. Zu zwei Konzerten ist er bei den DFestspielen dann mit dem Chicago Symphony Orchestra zu Gast (25., 27.8.2021).

Zurück in die Walzerseligkeit: Laut prolongierter vertraglicher Regelung übernimmt der ORF die (Live-)Produktion und erhält im Gegenzug die TV-Ausstrahlungsrechte für Österreich, Südtirol und 3sat sowie die Radiorechte. Die ebenfalls vom ORF produzierten traditionellen Balletteinlagen sowie der seit 1992 präsentierte ORF-Film zur Konzertpause werden gemeinsam finanziert. Darüber hinaus zeichnet der ORF für die TV-Zuspielungen zu ausgewählten Konzertstücken verantwortlich.

Es gibt auch allerlei Kleingedrucktes im erneuerten Übereinkommen: So kann der ORF optional ein Auslandskonzert der Wiener Philharmoniker übernehmen (wie zuletzt den im April 2020 gezeigten Auftritt aus Macao unter Andrés Orozco-Estrada mit Yuja Wang als Solistin). Wesentlicher ist die Rahmenvereinbarungen über die exklusive Präsentation philharmonischer Abokonzerte im Fernsehen (ORF III) und auf Ö1, via Online-Streaming und Video-on-Demand (auf der ORF-TV- und Radiothek) sowie auf dem von ORF und Unitel betriebenen Klassikportal fidelio.

Das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker unter Riccardo Muti am 1. Jänner 2021 live (ohne Saalpublikum) um 11.15 Uhr in ORF 2 und Ö1 sowie als Live-Stream via TVthek.ORF.at und oe1.ORF.at.

Bild: Wiener Philharmoniker / Dieter Nagl
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