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Wo viel Komet ist, ist auch viel Licht

STICH-WORT

24/07/20 Dass wir an die Beobachtungen von Kometen irgendwelche positiven oder negativen Erwartungen knüpfen, darüber sind wir hinaus. Ist etwa ernsthaft anzunehmen, dass in Zeiten der Ein-komma-irgendwas-Kind-Familie ausgerechnet Gottvater nochmal für Nachwuchs sorgt? Und sollten die Weisen aus dem Morgenland bei Trump, Johnson oder Erdogan vorsprechen?

Von Reinhard Kriechbaum

Aber es ist eh nicht der Stern von Bethlehem unterwegs, sondern der Komet C/2020 F3 Neowise. Den sollten wir unbedingt anschauen dieser Tage. Schließlich kommt es im Durchschnitt nur alle zwanzig bis 25 Jahre vor, dass uns ein Schweifstern so nahe kommt, dass wir ihn mit freiem Auge beobachten können. Und bis dieser eine wieder an uns vorüberzieht, heißt es, sich in Geduld zu üben: 6.800 Jahre! Wer weiß, wie dann das Klima ist. Einer umfänglichen Presseaussendung des Naturhistorischen Museums in Wien entnehmen wir, dass es sowieso immer schwieriger wird mit dem Kometenschauen, wegen der Lichtverschmutzung. Die habe sich in Wien seit dem letzten auffallend hellen Kometen Hale-Bopp im Jahre 1997 fast vervierfacht, sagen die Wissenschafter. Das wird für Städte wie Salzburg in etwa auch gelten.

Im Naturwissenschaftlichen Museum nimmt man den Kometen zum Anlass, für einen gesunden Nacht-Lebensraum zu werben, der für Tier und Mensch gedeihich wäre. „Am schönsten zu beobachten ist der Komet fernab großer Städte und künstlicher Lichtquellen“, weiß Christoph Goldmann, Astronom und Wissensvermittler am Naturhistorischen Museum. Bestens geeignet seien die letzten Gebiete Österreichs mit natürlichem Nachthimmel wie zum Beispiel die Umgebung des Wildnisgebiets Dürrenstein in Niederösterreich und des Nationalparks Kalkalpen in Oberösterreich. In Salzburgs Gebirgsregionen wird sich gewiss auch manch dunkle Ecke finden, aber da wird die Beobachtung schwierig, weil der Komet ja nicht höher als zwanzig Grad vom Horizont aufsteigt. Berge stehen im Weg.

Durchaus alarmierend, was die Naturwissenschafter in Sachen Komet und Lichtverschmutzung berechnet haben: In der Stadt Wien wird der Kontrast des Kometen auf 1/25 reduziert, am Stadtrand auf 1/14. In „Sternlichtoasen“ abseits der Städte reduziert sich der Kontrast immer noch auf 1/4 der am Naturhimmel erkennbaren intensiven Erscheinung. Unser Sternenhimmel ist also bestenfalls ein Schatten seiner selbst.

Heuer wird Urlaub in Österreich empfohlen. Da könnte man, sofern die Sommerfrische noch im Juli ansteht, die Steiermark anpeilen. Die Region „in etwa von Wildalpen im Osten bis zum Lachtal nahe Oberwölz im Westen in Seehöhen ab 1.000 Metern“ empfehlen die Sternschauer vom Naturhistorischen Museum. Dort könne der Komet bereits in der späten Abenddämmerung in Richtung Nordwesten als nebeliger Fleck mit dem sprichwörtlichen Schweif beobachtet werden. Im Juli ist das ungefähr eine Stunde nach Sonnenuntergang gegen 21:45 Uhr. So toll wie auf dem Foto (entstanden Mitte Juli in Berlin) wird man es schwerlich treffen.

Bis Ende Juli ist der Kometenschweif wegen der relativen Erdnähe so groß, „dass er weder in die üblichen Teleskope noch in Ferngläser passt“, erklären die Himmels-Profis. Die beste Beobachtungsstrategie sei daher, das unbewaffnete Auge auf das Firmament zu richten. Die Sichtbarkeitsperiode für das freie Auge endet voraussichtlich mit dem Anwachsen des Mondlichts Ende Juli. Danach lässt sich der Komet wieder ungefähr vom 7. bis 25. August am Westhimmel entdecken, aber da braucht es schon ein Fernglas. Die letzte Sichtbarkeitsperiode wird von 3. bis 25. September erwartet. „Dann passt der durch die wesentlich größere Distanz zu Erde und Sonne bereits kleiner gewordene Komet auch gut in Fernrohre und ist im Südwesten zu finden.“ Wichtig ist der richtige Beobachtungsort mit tiefem Horizont und die gute Anpassung der Augen an die Dunkelheit. Dazu sollte mindestens man eine halbe Stunde, besser eine Stunde lang Lichtquellen wie Straßenbeleuchtungen meiden und auch nicht aufs Handydisplay schauen. Das ist der Preis fürs Kometen-Erlebnis.

Das Naturhistorische Museum bewirbt aus Anlass des auffälligen Kometen das Projekt "Lebensraum Naturnacht"
Ein Dokumentationsprojekt, das auch auf Bewusstmachung abzielt, ist sternhell.at
Bild: Wikipedia / Bautsch

 

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