Himmelsbüro

STICH-WORT

altVon Reinhard Kriechbaum

09/05/10 Ein Himmels-Büro? Man würde es in Salzburg eher im Dombezirk und nicht in der Griesgasse suchen. Aber Wille und Fantasie der Götter sind eben unergründlich. Und auch die Theatergötter lassen den Geist wehen, wo sie wollen.

Er soll also zwei Wochen lang in ein Salzburger "Himmelsbüro" hineinwehen. Die Adresse ist Griesgasse 23, Ecke Sternbräu. Wer den direkten Kontakt scheut, kann sich auch für den Postweg oder für E-Mail entscheidet. Sie wissen schon: Hemmschwellen und so …

Aber wer weiß, vielleicht sitzen ja doch des persönlichen Kennenlernens werte Engel in der Griesgassen-Niederungen des Landestheater-Himmels. Mit gezücktem Bleistift und Stenoblock wahrscheinlich, denn ihre Aufgabe ist, Geschichten aufzuzeichnen. Die sollen (Salzburger) Besucher vorbeibringen, abgeben, kundtun, erzählen, diktieren.

Und warum? Für die kommende Spielzeit plant der Intendant des Salzburger Landestheaters, Carl Philip von Maldeghem, eine Bühnenadaption des Filmsklassikers „Der Himmel über Berlin“ von Wim Wenders und Peter Handke. In diesem Stück geht es um die Engel Damiel und Cassiel, die sich unbotmäßig aufgeführt haben und deshalb auf die Erde verbannt wurden. Seitdem sind sie nur für Kinder sichtbar. Sie wandern durch die Stadt und durch das Leben der Menschen, nehmen deren Gedanken und Gefühle in sich auf, beobachten und begleiten sie. Aber sie sind zum Zuhören verdammt, denn Eingreifen können sie nicht.

Damit für die Aufführung des Salzburger Landestheaters - am 19. November wird Premiere sein - aus dem „Himmel über Berlin“ ein „Himmel über Salzburg“ entstehen kann, sind Geschichten und Erlebnisse von Salzburgerinnen und Salzburgern gefragt.

"Wir sind auf der Suche nach den täglichen kleinen und großen Wundern: Berichte von realen Begebenheiten, Gesprächen oder stummen Szenen aus dem Alltag dieser Stadt", so Carl Philip von Maldeghem, der selbst Regie führen wird. "Wir suchen erlebte Geschichten, die einerseits typisch für diese Stadt sind, uns aber andererseits auch etwas erzählen von den Menschen, die hier leben oder zu Gast sind. Jeder kennt solche Situationen: Im Bus wird man (unfreiwillig) Mithörer eines Gesprächs, im Geschäft wird man Zeuge eines überraschenden Dialogs, am Würstlstand erlebt man verstörende oder beglückende Situationen, auf der Straße beobachtet man eine Szene, die man vielleicht nicht versteht, aber gerne verstehen würde. Für einen kurzen Augenblick tauchen wir ein in das Leben eines fremden Menschen und es entwickelt sich ein Staunen, eine Neugierde, ein Entsetzen oder Begeisterung."

Es wird also menscheln, so richtig authentisch salzburgisch menscheln auf der Landestheaterbühne! "Ganz wichtig ist, dass es sich nicht um erfundene Texte handelt, sondern dass sie reale Alltagsbeobachtungen und -situationen beschreiben." Also bloß nicht flunkern!

Mit dem "Offenen Himmel", der City-Pastoralstelle der Erzdiözese in der Franziskanergasse 3, darf man das Himmelsbüro des Landestheaters um Gottes Willen nicht verwechseln. Obwohl man auch dort dem Vernehmen nach Menschen findet, die einem professionell aufmerksam zuhören. Das Griesgassen-Himmelsbüro hat nicht ganz so lange offen wie jenes der "echten" himmlischen Kollegen, nur von Montag bis Freitag, 11 bis 14 Uhr. Das dafür bis 21. Mai, also bis Pfingsten, dem kirchlichen Geist-Fest. Kompliment! Das hätten die Profi-Seelsorger nicht gediegener timen können.

Geschichten und Eindrücke kann man per E-Mail, handschriftlich und telefonisch einreichen. Das Himmelsbüro, Griesgasse 23, hat bis 21. Mai Mo bis Fr von 11 bis 14 Uhr geöffnet (zum kreativen Nutzen der Mittagspause). - Weitere Informationen: www.salzburger-landestheater.at. Und wer gleich schreibend loslegen möchte: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! .
Falls sich jemand für echten Himmelskontakt erwärmen wollte: "Offener Himmel", der City-Infopoint der Katholischen Kirche Salzburg, in der Franziskanergasse 3, hat von Di-Fr 12-17 Uhr, Sa 10-13 Uhr offen. - www.kirchen.net/infopointkirche