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No cheese, Golem?

FESTSPIELE / GOLEM

24/08/14 No cheese, Gromit? Falls dem Besucher die Stimme des Golem bekannt vorkommt, liegt er richtig: Ben Whitehead, der dem leicht gebückt daher trottenden Lehm-Männchen seine Stimme leiht, war auch Synchronsprecher bei Ardman Animations. Er war Wallace.

Von Reinhard Kriechbaum

Die englische Theatermacherin Suzanne Andrade und der Trickfilmer und Animations-Spezialist Paul Barritt sind ein kongeniales Team, wenn es gilt, Cartoons zum Bühnendasein zu verhelfen. Da konnte man sich im Vorjahr, als die beiden mit „The Animals and Children took to the Streets“ im YDP der Festspiele zu Gast waren, schon nicht satt sehen an den genialen Verschnitten zwischen Live-Schauspiel und Hintergrund-Projektion, wo das Handgezeichnete auch immer wieder flott in Bewegung kommt. Die beiden könnten mit dem ihnen eigenen poetischen Talent und den technischen Finessen, die sie perfekt einsetzen, wohl jede beliebige Geschichte so erzählen, dass man erquickt aus dem Theater geht.

Nun haben sie es also ins Schauspiel-Hauptabendprogramm der Festspiele gebracht, mit „Golem“. Im charmanten Retro-Outfit kommt die Story daher. Kein Rabbiner bastelt am Lehm-Männchen, sondern ein erfindungsreicher Knabe, der es zuvor mit allerlei nützlichen Dingen, etwa einem Gedankenlesegerät für Fische, nicht wirklich zum wirtschaftlichen Erfolg gebracht hat. Das könnte mit dem Golem anders werden, dem dienstbaren Geist, der immer alles ganz nach Wünsch erledigt.

Robert, auch nicht gerade der Yuppie in Person, wird stolzer Eigner dieses Männchens, das anfangs aussieht wie ein Verschnitt aus einer Ardman-Figur und einem Loriot‘schen Kartoffelnase-Mitbürger. Er leistet gute Dienste im „Binary Backup Depot“, wo Robert und einige andere graue Mäuse angestellt sind, um die Codes von Sicherungskopien zu sichern. Manuell, mit Bleistiften. Man weiß ja nie, was bei einem Stromausfall passiert.

Richtig aufgehorcht: Wir sind nur optisch in der Vergangenheit, in Wirklichkeit ist der Computer schon erfunden. Und Golem erweist sich als Wesen, das immer wieder wie von Geisterhand Updates empfängt. Als giftgrüner Wurm schleichen sie sich ein. Es bleibt nicht bei Golem 1. Die Version 2 ist eleganter im Design, kleiner und leichter, also tragbar. Der High-Tech-Golem, nach außen hin immer noch dienstbarer Geist, entfaltet seinen Ungeist, indem er den Eigner mit den verlockendsten Angeboten der bunten Konsumwelt bombardiert.

Selbst Roberts strickende Großmutter erliegt letztlich der gebetsmühlen-artigen Werbe-Rede des Golem und kauft ein supermodernes Gerät, das sie nicht braucht. Klar, dass Golem vernetzt ist à la Facebook und Robert auch bei der Partnersuche mächtig dreinredet. Da hat die Chef-Bleistiftspitzerin schlechte Karten: Überwutzelt, so Golem über die herzensgute Dame.

Hände weg von Laptop, Tablet und iPhone! Bloß sich der Technik nicht zu sehr ausliefern! Mehr wollen Suzanne Andrade, Paul Barrit und die Leute der schottischen Truppe „1827“ gar nicht erzählen. Muss auch nicht sein, Märchenerzählern hört man auch im dritten Jahrtausend gerne zu, lässt sich betören vom flockigen Humor. Aus dem Genre wäre freilich viel mehr rauszuholen. Hinter den „Simpsons“ steckt  mehr destruktives Potential, als hinter den Bildgeschichten der Suzanne Andrade. An „Southpark“ denken wir gar nicht erst.

Aber die Dinge brauchen ja wirklich nicht alle so furchtbar kompliziert zu sein. Freuen wir uns einfach über die Poesie und über die darstellerische Präzision von Esme Appelton, Will Close, Lillian Henley, Rose Robinson und Shamira Turner, und vor allem auch über den Sound (teils live gemacht auf Schlagzeug und E-Piano). Es sind feine, vergnügliche anderthalb Stunden, die man im Landestheater verbringt. In Salzburg war die Uraufführung, über Jahre wird die Truppe „1927“ damit durch die Lande ziehen und Erfolg einheimsen können.

Weitere Aufführungen am 24. und 26. August – www.salzburgerfestspiele.at
Bilder: Salzburger Festspiele / Bernhard Müller

 

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