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100 Metronome und einige Debüts

FESTSPIELE 2023 / KONZERT

13/12/22 Viele gute alte Bekannte, aber kein Mauricio Pollini. Miniatur-Lieberabende auf der Edmundsburg und das übliche, von Intendant Markus Hinterhäuser komplex gewirkte Programm mit vielen Quer-Bezügen zwischen den Konzertreihen und innerhalb der Zyklen. Im Zentrum steht György Ligeti.

Von Heidemarie Klabacher

Die Konzertreihe „Zeit mit ...“ gilt diesmal György Ligeti, dessen Geburtstag sich 2023 zum 100. Mal jährt. Eröffnet wird mit der geradezu absurd-tiefsinnigen Poème Symphonique für 100 Metronome. „Auf unterschiedliche Geschwindigkeiten eingestellt, manifestieren sich erst nach und nach im Ticken der einzelnen Metronome Stimmen, Rhythmen und Strukturen. Wie sie zusammenklingen, welche Figuren dabei entstehen, sich beständig wandeln und wieder vergehen, das lässt sich unmöglich vorhersagen, geschweige denn gezielt herbeiführen.“ Aus dem Frühwerk Ligetis erklingen etwa Musica ricercata oder die Études pour piano, „eine der bedeutendsten Klavierstudien des 20. Jahrhundert“. Eine der seltenen Gesamtaufführungen wird Pierre-Laurent Aimard spielen. In diesem Zyklus befasste sich Ligeti mit der Minimal-Music (zentrale Werke von Steve Reich und und Terry Riley stehen ebenfalls auf dem Plan). Ligeti hat aber auch musikalisches Material früherer Musikepochen verarbeitet, wie etwa im Horn-Trio (mit Isabelle Faust, Johannes Hinterholzer und Alexander Melnikov), in den beiden Streichquartetten, seiner frühen Sonate für Violoncello solo (mit Jean-Guihen Queyras) oder auch in der späten Sonate für Viola solo (mit Tabea Zimmermann).

Legendär sind Atmosphères uraufgeführt 1961 bei den Donaueschinger Musiktagen, Lontano oder Ligetis einzige Oper Le Grand Macabre. Dessen überarbeitete Neufassung wurde 1997 durch Esa-Pekka Salonen und Peter Sellars bei den Salzburger Festspielen uraufgeführt, 2023 wollen Patricia Kopatchinskaja und die Camerata Salzburg Eindrücke davon vermitteln.

Die Wiener Philharmoniker unter Christian Thielemann sind mit Brahms’ Deutschem Requiem die Schnittstelle zwischen Ouverture spirituelle und Hauptprogramm. Andris Nelsons setzt seinen Mahler-Zyklus mit der Vierten fort, Sopransolistin ist Christiane Karg. Augustin Hadelich spielt im Wiehner Philharmoniker-Konzert zuvor Alban Bergs Violinkonzert Dem Andenken eines Engels.

Riccardo Muti stellt Verdis Stabat Mater und Te Deum aus den Quattro pezzi sacri der Siebten Bruckner voran. Unter Franz Welser-Möst sind die Wiener die Schnittstelle die zweite Schnittstelle im Programm, nämlich zur Zeit mit Ligeti: Dessen Orchesterwerken Atmosphères und Lontano gegenübergestellt werden Metamorphosen und Also sprach Zarathustra von Richard Strauss. Jakub Hrůša leitet, nach seinem Festspieldebüt mit Káťa Kabanová im Vorjahr, heuer das letzte Philharmoniker-Konzert mit dem Klavierkonzert Nr. 2 von Johannes Brahms mit dem Solisten Igor Levit und Dvořáks Achter.

Jakub Hrůša leitet in der Reihe Orchester zu Gast auch das Gustav Mahler Jugendorchester mit Mahler Neun. Erstes Orchester zu Gast ist aber das SWR Symphonieorchester unter der Leitung von Ingo Metzmacher, das zugleich die Ouverture sprituelle mit Messiaens Éclairs sur l'Au-dela eröffnet. Ihr Festspieldebüt feiert die Dirigentin Elim Chan am Pult des ORF Radio-Symphonieorchesters. Das West-Eastern Divan Orchestra soll, laut Programm, mit seinem Gründer Daniel Barenboim (der erst jüngst seine Mitwirkung etwa bei der Mozartwoche 2023 absagen musste) und mit Martha Argerich gastieren. Das Boston Symphony Orchestra kommt unter Andris Nelsons mit Anne-Sophie Mutter, die Berliner Philharmoniker geben ihr Gastspiel mit ihrem Chefdirigenten Kirill Petrenko. Gleich zwei Orchester sind zum ersten Mal in Salzburg: Les Siècles und Utopia.

Das Symphonieorchester Les Siècles wurde 2003 von François-Xavier Roth gegründet, mit der Vision Werke aus „verschiedensten Epochen der Musikgeschichte auf den jeweils passenden historischen Instrumenten zu spielen“ und dabei zeitgenössische Interpretationen zu liefern. Das erste Konzert gilt György Ligeti, gehört also auch in die Reihe „Zeit mit eben diesem“. Teodor Currentzis wurde – sicherheitshalber (?) – mit seinem neu gründeten Orchester Utopia für zwei Aufführungen der c-Moll-Messe in St. Peter verpflichtet, und für die konzertante Aufführung der semi-opera The Indian Queen von Henry Purcell im Opernprogramm.

Kammerkonzerte geben Patricia Kopatchinskaja und Sol Gabetta. Werke von György Ligeti stehen im Zentrum von Programmen mit Isabelle Faust, Tabea Zimmermann, Jean-Guihen Queyras, Johannes Hinterholzer, Alexander Melnikov und Mitgliedern von Les Siècles. Es kommen das Quatuor Ébène, das Belcea Quartet und, für Schuberttrios, András Schiff mit Erich Höbarth und Christophe Coin.

Liederabende geben Christian Gerhaher mit Gerold Huber, Renée Fleming mit Evgeny Kissin, Matthias Goerne mit Markus Hinterhäuser, Asmik Grigorian mit Lukas Geniušas sowie Benjamin Bernheim mit Sarah Tysman. Georg Nigl lädt sechs Mal jeweils um 22 Uhr auf die Edmundsburg zu Musik mit Rezitation: Auf dem Programm dieser Kleinen Nachtmusiken stehen, vom Clavicord begleitet, Lieder von Bach bis Mozart.

Solistenkonzerte geben, außer Mauricio Pollini, die weitgehend üblichen Pianisten Daniil Trifonov, Pierre-Laurent Aimard, Evgeny Kissin, Igor Levit, András Schiff, Grigory Sokolov und Arcadi Volodos.

www.salzburgerfestspiele.at
Bilder: SF / Felix Broede (2); Julia Wesely; Marco Borggreve (2)
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