Virtuose des Understatements

FESTSPIELE / SOLISTENKONZERT VOLODOS

13/08/19 Kleine Stücke großen Gehalts sind der rote Faden durch einge der Solistenkonzerte, die heuer bis auf zwei Duo-Abende alle dem Klavier gelten: Sokolov und Levit ließen staunen über Beethovens Bagatellen. Pollini kommt noch und wird Sechs kleine Klavierstücke von Schönberg spielen, die Buniatishvili Schuberts Impromptus. Dazwischen ein Höhepunkt mit Arcadi Volodos.

Von Heidemarie Klabacher

Dazwischen führte nun Arcadi Volodos am Montag (12.8.) im Haus für Mozart auf einen Höhepunkt der Interpretation von Meisterwerken der „kleinen Form“ von Franz Schubert, Sergej Rachmaninow und Alexander Skrjabin.

Ob die Nr. 3 f-Moll aus den Moments musicaux D 780, das berühmte Prélude cis-Moll aus Morceaux de fantaisie op. 3/2 oder Skrjabins dramatisches Vers la flamme op. 72: Die charakterlich so unterschiedlichen Stücke verschmolzen in der Lesart von Arcadi Volodos quasi zu einem einzigen Zyklus – zur Einheit verbunden durch seinen so weichen wie präszisen Anschlag und die daraus resultierende Transparenz, das Understatement im virtuosen Nicht-Hinweisen auf die Virtuosität vieler dieser abgründigen Miniaturen und nicht zuletzt durch die weit gespannten Linen,. Sie suggerieren scheinbare Ruhe. Zumindst über der Oberfläche.

Wenn Arcadi Volodos Schubert spielt, bleibt die Zeit stehen. Das fiel besonders auf in der Nr. 3 f-Moll der Moments musicaux , die ja nicht selten ziemlich verhopst und verhämmert wird, von Volodos aber wie ein Kreisel sanft taumelnd auf seine Bahn geschickt wurde.

Die sechs Rachmaninow-Nummern verband ohnehin alle eine Tempobezeichnung zwischen Lento und Grave, die brachten ihre Geschlossenheit quasi schon mit. Die aufwühlenden Mittelteile – geradezu bockig etwa das Tempo di Valse der Sérénade b-Moll op. 3/5 – gestaltete Arcadi Volodos mit der nämlichen Virtuosität und Leichigkeit, die es nicht nötig hat, „sich aufzuspielen“. Mit angehaltenem Atem lauschte man auch den etwas weniger klangsinnlichen, deutlich radikaleren Stücken von Alexander Skrjabin. Den Übergang zwischen den doch sehr verschiedenen Welten gestaltete Volodos mit Skrjabins Mazurka e-Moll op. 25/3 allerdings bruchlos. Krass und befremdend kurz ist etwa Énigme aus Trois Pièces op. 52/2, während Deux Danses op. 73 in zwei konträre Welten führen: Flammes sombres tanzen einen unruhevollen Reigen, während Guirlandes in Wortsinn zarte Fäden spinnen. Entstanden 1914, ein Jahr vor dem Tod Skrjabins, ist das Virtuosenstück Vers la flamme op. 72 – ein fulminanter Kehraus.

Bilder: SF / Marco Borelli